1. Juli 2018
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Stand der Lesekompetenz an deutschen Grundschulen

Im Dezember 2017 wurde die aktuelle IGLU-Studie veröffentlicht und ein Aufschrei ging durch die Medien: Ein Fünftel der deutschen Viertklässler könne nicht lesen!*

Liest man genauer, wird deutlich, was da anscheinend schiefläuft und wo es Handlungsbedarf gibt:

  • Die Klassen werden heterogener; das heißt, es gibt sowohl mehr leistungsstarke als auch mehr leistungsschwache Leser.
  • Wo Bücher sind, wird mehr und besser gelesen; im Umkehrschluss: Schulen und Elternhäuser mit wenig oder keiner Literatur im Schrank bedingen Stagnation im Leselernprozess.
  • Mädchen lesen in der Regel besser als Jungen.
  • Texte der Fiktion stellen eine größere Herausforderung dar als Sachtexte.

*Fast 20 Prozent der Viertklässler haben Probleme beim Lesen, www.sueddeutsche.de, 5. Dezember 2017

Was folgern wir daraus? Was gilt es zu tun?

  • die Lesekompetenz gezielt und in geeigneter Form fördern
  • mehr Bücher in die Klassen
  • Literatur wählen, die Mädchen und Jungen anspricht
  • freie Lesezeiten aktiv in den Unterrichtsalltag einbauen
  • kurze Gesprächsrunden initiieren, Bücher oder Artikel wöchentlich vorstellen

Dies alles sollte so früh wie möglich geschehen, damit das Lesen für die Kinder Normalität wird und gar nicht erst jedes Mal erneut verhandelt werden muss.

Jede/r liest – erst einmal egal, was.


Erster Streich: den Umgang mit Texten grundlegen

Je mehr gelesen wird, desto mehr wird diese Tätigkeit zur Routine – logo. Diese Routine ist wiederum essentiell auf dem Weg zu einem komplexeren Umgang, einer tiefgehenden Beschäftigung mit dem Gehalt von Texten.

Denn erst wenn die Lesefertigkeit gefestigt ist, können sich die Kinder freier und selbstständiger mit den Inhalten auseinandersetzen. Lesetandems, also das Lesen mit einem leistungsstärkeren Partner, können hier ein Mittel sein, um der Heterogenität in einer Klasse adäquat zu begegnen.

Zweiter Streich: Texte lesen – und verstehen!

Alles gut und schön, denkt ihr vielleicht, doch was ist, wenn eine Erzählung, ein Artikel, ein Comic gelesen ist – und zack! – in der nächsten Ecke landet? Wie können wir dann noch das Textverständnis fördern? Und ihr denkt womöglich: ‚Jeder Text ist anders … jedes Kind ist anders … das ist alles wahnsinnig komplex!’ Ja, ist es. Aber es gibt Abhilfe.

Genau so, wie das Lesen Alltag werden muss, muss es auch der Umgang mit den Texten. Denn das Verständnis von Texten verschiedener Art begleitet die Kinder nicht nur zu Schulzeiten, sondern ist eine überlebenswichtige Kompetenz. Deshalb kann ihre Bedeutung gar nicht genug herausgestellt werden. Textverständnis setzt einen bewussten Umgang mit Literatur voraus und beginnt bereits mit der Entscheidung, wie ich eine Geschichte oder einen Artikel lese – alleine, mit einem Partner, in Gruppe.


Als nächstes folgt die Auseinandersetzung mit dem Titel und den ersten Sätzen. Denn Wörter lösen unwillkürlich Assoziationen in uns aus und schüren Vermutungen, worum es im Text gehen wird. Für das Textverständnis ist es allerdings wichtig, diese „flüchtige Reaktion“ einzufangen und wie im Beispiel ggf. zu notieren. Der Titel der Erzählung lautete „Ein Märchen mit bekannten Persönlichkeiten“.

Ihr seht, dass das Kind zunächst Schwierigkeiten hatte, das in Worte zu fassen, was ihm gerade durch den Kopf gegangen war. Nicht, weil es dies nicht konnte, sondern weil es zunächst ungewohnt war. Erst auf Nachfrage – ohne Hinweise zu geben – war plötzlich alles klar. Das grüne Häkchen am Ende des Satzes zeigt, dass nicht nur richtig vermutet, sondern das vor allem nach dem Lesen nochmals mit den eigenen Gedanken abgeglichen wurde. Der Kreis wurde also geschlossen.

Einfach Texte schreiben Beispiel

Auseinandersetzung mit dem Titel und den ersten Sätzen (Beispiel)


Während des (mehrmaligen!) Lesens solltet ihr die Kinder durchaus ermutigen, mit den Texten „kreativ“ umzugehen – zu markieren, was unklar ist, was spannend oder lustig ist. Dafür eignen sich natürlich nur Kopiervorlagen oder Arbeitshefte, in Bücher sollte nicht reingemalt werden. ;-)

Auch hier kann es euch passieren, dass es erst einmal ganz bunt aussieht – oder wie im Beispiel sehr viele Wörter als „wichtige Wörter“ ausgemacht werden. Dies gehört alles zum Lern- und Verstehensprozess, denn wie vielen Erwachsenen fällt es auch heute noch schwer, Schlüsselwörter zu erkennen?

Wichtig ist, dass darauf eingegangen wird:

Warum sind die Wörter wichtig? Brauchst Du sie wirklich alle?

Erzähl mir mal mit Deinen Worten, worum es in der Geschichte geht.

Und die Erkenntnis wird kommen, dass a) wenige, aber bestimmte Wörter bereits für eine Zusammenfassung reichen und b) wir durch diese Zusammenfassung schon wieder dem Textverständnis einen Schritt näher gekommen sind.

Texte verstehen: Schlüsselwörter erkennen

Schlüsselwörter erkennen


Die gute Nachricht kommt zum Schluss: Ihr braucht euch all die Fragen und Möglichkeiten zum Erschließen und dem routinierten Umgang mit Texten nicht selbst „ausdenken“. Gerade erscheint unser Heft „Einfach Texte verstehen“ aus der Clown-Charlie-Reihe für die Klassenstufen 3 und 4. Konzipiert und zugelassen für Bayern, ist das Arbeitsheft jedoch in allen Bundesländern einsetzbar, denn es bietet auf 88 Seiten neben elf Texten unterschiedlicher Art und entsprechend zugeschnittener Aufgaben sowie Möglichkeiten zur Einschätzung des Lernfortschritts auch produktive Übungen:

In der Aufgabenmanege können die Kinder aus zehn Lesestrategien wählen, um sich so selbstständig jeden Text zu erschließen. Oder wolltet ihr schon immer mal eine Geschichte in einen Comic oder ein Hörspiel verwandeln? Anleitungen zum Vorgehen findet ihr ebenfalls in unserem Heft.


Um euch noch wenig mehr Appetit zu machen, bieten wir euch die Aufgabenmanege samt kindgerechter Erklärung sowie die Comic-Anleitung hier zum kostenlosen Download.

Viel Spaß damit und macht’s, wie die „Adam’s Family“: Spiel mit eurem Ess… äh euren Texten!

Eure Antje Greisiger

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