15. August 2018
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Mit dem neuen Kerncurriculum Niedersachsen für die Grundschule im Fach Mathematik (2017) wird vorgegeben, dass ab dem 3. Schuljahr zwei schriftliche Leistungen als besondere Lernaufgaben zu konzipieren sind. Was das heißt, und wie das mit dem neuen Zahlenbuch gelingen kann, erfahrt ihr hier.

Aus der Praxis für die Praxis

Neben den üblichen schriftlichen Arbeiten verlangt das neue niedersächsische Kerncurriculum für Mathematik seit dem Schuljahr 17/18 „Besondere Lernaufgaben“. Sie bilden einen festen Bestandteil der schriftlichen Note.

Frau Pyroth hat dazu im Frühjahr bereits eine Fortbildungsveranstaltung durchgeführt und an konkreten Beispielen gezeigt, welche Aufgaben sich dafür eignen, wie ihr eure Schülerinnen und Schülern auf diese „Besonderen Lernaufgaben“ vorbereiten und wie ihr sie bewerten könnt. Für diejenigen, die die Veranstaltung nicht besuchen konnten oder die sich im Nachhinein noch einmal informieren möchten, ist dieser Beitrag gedacht. Und sicher finden auch Lehrerinnen und Lehrer aus anderen Bundesländern einige praktische Anregungen für ihren Unterricht.


Was sind besondere Lernaufgaben?

Im Jahr 2017 ist das neue niedersächsische Kerncurriculum für die Grundschule im Fach Mathematik in Kraft getreten. Hierin wird vorgegeben, dass ab dem 3. Schuljahr zwei der sechs bis acht zu erbringenden schriftlichen Leistungen als „besondere Lernaufgaben“ zu konzipieren sind. Diese, so heißt es, „eignen sich in besonderer Weise zur Feststellung und Bewertung der prozessbezogenen Kompetenzen“ und bilden einen festen Bestandteil der schriftlichen Note.

Dazu gibt es folgende abschließende Aufstellung „besonderer Lernaufgaben“:

  • eine kriteriengeleitete Präsentation (auch mediengestützt) erstellen
  • ein Lernplakat erstellen
  • eine Forschermappe bzw. ein Portfolio erstellen
  • eine Mathekartei entwickeln und erstellen
  • mathematische, regelbasierte Spiele entwickeln und überprüfen
  • ein Modell (z.B. Körper, Körpernetze) erstellen und erklären
Igel Zahlenbuch denkt

Juliane Assies, Berlin


Besondere Lernaufgaben und schriftliche Arbeiten haben vieles gemeinsam:

  • Sie müssen aus dem Unterricht hervorgehen.
  • Sie werden in der Schule angefertigt.
  • Sie müssen von Art und Umfang aussagekräftig hinsichtlich des Lernstandes und der Lernprozesse des Einzelnen sein.
  • Sie sind kompetenzorientiert, beziehen sich also auf die im Kerncurriculum aufgeführten inhalts- und prozessbezogenen Kompetenzen. Das heißt auch: Die Themen müssen im Kerncurriculum aufgeführt sein. Dies schließt z.B. Themen wie folgende aus:
    • „schriftliche Division durch zweistellige Divisoren“
    • „Zeichnen mit dem Zirkel“

Gegenüber den üblichen schriftlichen Arbeiten bieten diese neuen Aufgaben einige Vorteile:

  • Sie fördern in besonderer Weise den Aufbau prozessbezogener Kompetenzen.
  • Sie sind sehr viel handlungsorientierter.
  • Sie bringen den Kindern häufig viel mehr Spaß als eine klassische Mathearbeit!

Vorbereitung einer „besonderen Lernaufgabe“

Für alle Beispiele gilt, dass sie im Unterricht gut vorbereitet werden. Zunächst wird also ein Thema gemeinsam und konkret erarbeitet und geübt. Dazu bietet der Lehrerband zum jeweiligen Zahlenbuch ausgezeichnete Anleitungen.

Kriteriengeleitete Präsentation (auch mediengestützt) erstellen:

Diese „besondere Lernaufgabe“  bietet einen ganzen Strauß von Möglichkeiten. Denn unter einer Präsentation ist nicht nur ein mit speziellen Computerprogrammen (z.B. „Powerpoint“) vorbereiteter Vortrag  zu sehen, sondern viel mehr. Wie im Sachunterricht bieten sich analoge Präsentationen an.

Zahlenbuch-Igel gestalten Lernplakat

Juliane Assies, Berlin

Ideen für solche Präsentationen können sein

  1. Plakat
  2. Steckbrief
  3. Thementisch/ Ausstellung
  4. Lapbook
  5. Technik oder Gerät (Vorführung)
  6. Mediengestützte Präsentation

All diesen Präsentationen ist gemeinsam, dass sie „kriteriengeleitet“ sein sollen. Die Kinder benötigen also für ihre Erstellung genaue Vorgaben („Kriterien“). Diese werden zuvor mit den Kindern gemeinsam besprochen und müssen während der gesamten Bearbeitung der Aufgabe transparent sein. Für die Lehrkraft bieten diese Kriterien einen wichtigen Beitrag, denn sie liefern die Grundlage  für die Bewertung.

Im Übrigen beinhaltet diese „besondere Lernaufgabe“ nur das Erstellen, also die Vorbereitung und nicht die Vorführung der Präsentation! Die Vorführung darf in Niedersachsen als mündliche Leistung bewertet werden, zählt aber nicht zu den im schriftlichen Bereich angesiedelten „besonderen Lernaufgaben“. Dies erleichtert die Bewertung sehr, da wirklich nur das Vorliegende und nicht das Vorgetragene benotet werden muss.


Steckbrief

Gemeinsam werden im Unterricht Würfelgebäude gebaut, Baupläne und Seitenansichten kennengelernt und Himmelrichtungen geklärt. (Das Zahlenbuch 3, S. 112/113) Dafür sollten zwei bis drei Unterrichtsstunden eingeplant werden.

Idee für eine Überprüfungsaufgabe:

In Anlehnung an die Aufgabe aus dem Zahlenbuch 3, S. 112, Nr. 2, kann z.B. folgende Aufgabe als Überprüfungsaufgabe gestellt werden:

Das Zahlenbuch Klasse 3, Seite 112, Aufgabe 2

Das Zahlenbuch Klasse 3, Seite 112, Aufgabe 2

  1. Baue ein Gebäude aus 11 Würfeln auf dem Plan.
  2. Zeichne den Bauplan und die Seitenansichten.
  3. Lege die Seitenansichten rund um dein Würfelgebäude
    wie auf dem Bild auf Seite 112.
  4. Beschreibe dein Würfelgebäude wie die Kinder im Bild
    aus allen vier Himmelsrichtungen.

 

Das Zahlenbuch Klasse 3, Seite 112, Aufgabe 2, Vorlagen für Baupläne

Das Zahlenbuch Klasse  3, Seite 112, Aufgabe 2, Vorlagen für Baupläne

Damit jedes Kind an seinem eigenen Bauplan und Seitenansichten arbeitet, bietet es sich an, die Aufgabe zu variieren, indem verschiedene Baupläne und unterschiedliche Würfelanzahlen (11, 12, 13, 14) vorgeschrieben werden.

 


Lapbooks

Lapbooks haben ihren Ursprung in der amerikanischen Homeschool-Bewegung und erfreuen sich hierzulande zunehmender Beliebtheit. Ein grundlegender Vorteil ist, dass viele Inhalte auf relativ wenig Raum untergebracht werden können. Nicht zu unterschätzen ist allerdings der Zeitaufwand, der zur Erstellung einzuplanen ist.  Dabei können jedoch sehr ansprechende Erinnerungen an den Mathematikunterricht entstehen, wenn z.B. Viertklässler eine Auswahl relevanter mathematischer Inhalte zusammenstellen.


Lernplakat erstellen

Was ist ein Lernplakat?

Zunächst einmal ist ein Lernplakat ein Plakat, also ein nicht zu kleiner Bogen Papier, das eine Botschaft oder Information übermitteln soll. Es wird in der Regel so gestaltet, dass es Aufmerksamkeit erregt und der wesentliche Inhalt schnell zu erfassen ist.

Dazu gehören ein Bild oder mehrere Bilder, ein prägnanter Text und eine insgesamt interessante Gestaltung.

Wozu dienen Lernplakate?

Es gibt zwei Einsatzmöglichkeiten für Lernplakate:

  • Mit Hilfe eines Lernplakats können die Kinder am Ende einer Unterrichtseinheit das für sie Wesentliche zusammenfassen.
  • Lernplakate können aber auch selbst Unterrichtsinhalt sein, also während der Erarbeitung eines mathematischen Unterrichtsthemas entstehen.

Bei beiden Möglichkeiten müssen die Kinder das Gelernte und für sie Wesentliche also selbst visualisieren und zusammenfassen. Dies dient einerseits dem Aufbau des eigenen Verständnisses eines Sachverhalts, andererseits der Darstellung für andere.

 


Welche Inhalte bieten sich an?

  • Zahlen und Operationen: Rechenwege/ Zahldarstellungen
  • Raum und Form: Symmetrie
  • Größen und Messen: alle Größenbereiche
Besondere Lernaufgaben: Lernplakat Rechenwege, Präsentation Silke Pyroth 2018

Lernplakat Rechenwege, Präsentation Silke Pyroth 2018

Besondere Lernaufgaben: Lernplakat Größen erstellen, Präsentation Silke Pyroth 2018

Lernplakat Größen erstellen, Präsentation Silke Pyroth 2018


Tipps für die Umsetzung

Ein Plakat muss nicht riesig sein und sollte unbedingt auf einen Schülertisch passen. Dazu lassen sich Tonpapier- oder Fotokartonbögen halbieren oder vierteln (35 cm x 50 cm oder 25 cm x 35 cm).

  • Klare inhaltliche Vorgaben.
  • Klare Vorgaben zur Gestaltung:
    • Nicht direkt auf das Plakat schreiben.
    • Stattdessen weißes Papier nutzen.
    • Erst legen, dann kleben!
    • ein Bild pro Plakat.

Forschermappe erstellen

Für die Erstellung einer Forschermappe sind prinzipiell alle „Forschen und Finden“-Seiten gut geeignet. Sie sind durch ihre grüne Hervorhebung gut zu erkennen. Eine Forschermappe kann zu einem vorher festgelegten und erarbeiteten Thema erstellt werden. Die  Zusammenstellung der Aufgaben wird entweder durch das Kinder aus einer vorgegebenen Auswahl oder durch die Lehrkraft vorgenommen.

Igel

Juliane Assies, Berlin

Exemplarisch sei die Erstellung einer Forschermappe für Parkette vorgestellt:

Besondere Lernaufgaben: Forschermappe Parkettierung, Präsentation Silke Pyroth 2018

Parkette, Präsentation Silke Pyroth 2018

Besondere Lernaufgaben: Forschermappe, Präsentation Silke Pyroth 2018

Forschermappe, Präsentation Silke Pyroth 2018

Einstieg

Zunächst lernen die Kinder die verschiedenen Formen kennen und benennen diese. Dafür liegen dem Zahlenbuch passende Legeformen in ausreichender Anzahl bei.

Am besten werden sie für die weitere Arbeit pro Kind in einer kleinen wiederverschließbaren Box aufbewahrt. Nach einführenden Übungen und freiem Legen wird gemeinsam die Seite 133 zu Bandornamenten er- und bearbeitet.

Erstellen der Forschermappe

Jedes Kind erhält ein Deckblatt (KV „Forschermappe Parkette“). Darauf kann die Lehrkraft individuell Pflichtaufgaben kennzeichnen. Für die Bearbeitung der Aufgaben sollte eine ausreichende Anzahl kopierter Punkteraster zur Verfügung stehen (KV 69 zu Schülerbuch 3, S. 134). Als individuelle Hilfe oder auch als Angebot an alle steht eine weitere Kopiervorlage zur Verfügung (KV 70), auf der Fehler in Parketten gefunden und markiert werden können.


Portfolio erstellen

Ein Portfolio enthält immer eine Zusammenstellung von Arbeitsergebnissen. Dabei sollten die Kinder selbst eine begründete Auswahl ihrer Arbeitsproben treffen.

Neben den Lapbooks bieten sich Mappen an. Thematisch ist ein Portfolio i.A. weiter gefasst als eine einzelne Unterrichtseinheit. Denkbar ist hier ein Rückblick auf thematische Zusammenhänge, z.B. „Schriftliche Rechenverfahren“ oder sogar auf die gesamte Grundschulzeit im Mathematikunterricht.

Bei der Zusammenstellung und Bearbeitung eines Portfolios ist darauf zu achten, dass die Kinder als Schwerpunkt mathematische Inhalte bearbeiten und sich nicht in der Gestaltung der Aufgaben verzetteln. Diese Gefahr besteht bei der nächsten Idee weniger:

Ideen dazu können auch von den Kindern kommen und gemeinsam gesammelt werden, z.B.:

Besondere Lernaufgaben: Portfolio erstellen, Präsentation Silke Pyroth 2018

Portfolio erstellen, Präsentation Silke Pyroth 2018


Mathekartei entwickeln und erstellen

Voraussetzung für diese „besondere Lernaufgabe“ ist, dass die Kinder die Arbeit mit Karteien kennen.

Tipps:

  • Passendes Thema aussuchen, z.B. Längen (Zahlenbuch 3, S. 102/103),
  • Klare Kriterien vorgeben.
  • Jedes Kind erstellt 2-3 Karteikarten.
Besondere Lernaufgaben, Mathekartei, Präsentation Silke Pyroth 2018

Mathekartei, Präsentation Silke Pyroth 2018


Mathematische, regelbasierte Spiele entwickeln und überprüfen

Beispiele:

  • Strategiespiele der „Denkschule“ spielen, durchdenken, dann variieren.
  • Spiele zur Wahrscheinlichkeit erproben, dann von den Kindern die Spielregeln variieren lassen. (Zahlenbuch 3, S. 136)
Besondere Lernaufgaben: Spiele mit Zufall, Präsentation Silke Pyroth 2018

Spiele mit Zufall, Präsentation Silke Pyroth 2018

Besondere Lernaufgaben: Spiele mit Zufall, Präsentation Silke Pyroth 2018

Spiele mit Zufall, Präsentation Silke Pyroth 2018


Modell erstellen und erklären

Vgl. Zahlenbuch 3, S. 114/115.

Bei Erklärungen – wie sonst auch – Fachbegriffe verlangen.

Besondere Lernaufgaben: Modell erstellen und erklären, Präsentation Silke Pyroth 2018

Modell erstellen und erklären, Präsentation Silke Pyroth 2018

Besondere Lernaufgaben: Modell erstellen und erklären, Präsentation Silke Pyroth 2018

Modell erstellen und erklären, Präsentation Silke Pyroth 2018


Bewertung

Im niedersächsischen Kerncurriculum ist festgelegt, dass es zu schriftlichen Arbeiten kompetenzorientierte Rückmeldungen gibt. Dafür bietet sich ein Bewertungsbogen an.

Bewertungsbogen

Von Anfang an wichtig ist bei der Bewertung die Transparenz. Dies beginnt beim ersten Elternabend in der 3. und 4. Klasse. Dabei sollte den Eltern erklärt werden, dass in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahres 2017/2018 nicht nur Klassenarbeiten für die schriftliche Note relevant sind, sondern auch „besondere Lernaufgaben“. Diese sollten kurz erläutert werden. Auch für die Kinder ist es wichtig, schon zu Beginn einer Unterrichtseinheit zu erfahren, dass sie am Ende etwas gestalten sollen, das benotet wird.

Besonders einfach und transparent ist es, den Bewertungsbogen schon zu Beginn zu erstellen. Dann wird dieser Bogen schon während der Unterrichtseinheit gemeinsam besprochen und steht den Kindern während der Erstellung ihrer „besonderen Lernaufgabe“ zur Verfügung.

In jedem Fall muss der Bewertungsbogen nachvollziehbare Kriterien und Bewertungspunkte enthalten. Diese orientieren sich an den inhalts- und prozessbezogenen Kompetenzen. Was dabei immer im Blick bleiben muss: Der mathematische Inhalt zählt! Also nicht zu viel Gewicht auf die Gestaltung legen!

Bewertung auf einer Skala oder nach Punkten

Die Rückmeldebögen zu den schriftlichen Lernkontrollen des Zahlenbuchs schlagen eine Skala vor.

  • Darauf können die Kinder (und Eltern) ablesen, wie weit die Kinder auf dem Weg zum Erwerb einer bestimmten Kompetenz bereits gekommen sind.
  • Diese lassen sich über die editierbaren Kopiervorlagen in eigene Rückmeldebögen einbauen.
  • Sie sind gut zu verstehen und sehr übersichtlich.
  • Zur Hervorhebung besonderes wichtiger Kriterien können diese farbig umrahmt oder mit einem Textmarker gekennzeichnet werden.

Für eine Bewertung nach Punkten spricht, dass Punkte einfacher in Noten umzurechnen sind. Dazu wird die Bewertungsskala der Schule verwendet.

Bei einer Bewertung nach Punkten ist eine Gewichtung der einzelnen Bewertungskriterien einfacher. So werden nicht so wichtigen Kriterien weniger, besonders bedeutsamen Kriterien mehr Punkte zugewiesen.

Unabhängig von der Form der Rückmeldung: In jedem Fall sollten die inhalts- und prozessbezogenen Kompetenzen höher bewertet werden als die Gestaltung!

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