Mit der Erscheinung der Neuauflage der Bücherwurmfibel 2018 ist der Startschuss in die neue Bücherwurmgeneration gegeben, die wieder in einem großen Materialpaket erscheinen wird. Es handelt sich weiterhin um einen klassischen Buchstabenlehrgang nach der analytisch-synthetischen Leselehrmethode. Dennoch ist das Konzept überarbeitet und modernisiert. Eine große Innovation sind die in der Fibel und den Arbeitsheften enthaltenen Lernen-lernen-Seiten sowie die dreistufig niveaudifferenzierten Üben-Seiten, die nun noch stärker als bisher für die Schülerinnen und Schüler anwendbare Strategien in den Vordergrund rücken.
Strategievermittlung ab Klasse 1 geht nicht? Doch! Und zwar nicht belehrend, sondern induktiv, in einem Unterricht, der an dem Sprachgefühl der Kinder ansetzt, schriftsprachliche Strukturen entdecken und an Beispielen handlungsbezogen verdeutlichen lässt. Der Bücherwurm und sein Freund der Grashüpfer führen die Strategien kind- und sachgemäß ein. Weder ihr noch die Kinder müssen Linguisten sein, um diese zu verstehen. Die Strategien sind einfache „Rezepte“ zum leichteren Lesen und Schreiben:
Strategie auf der Lautebene: Mit der Lauttabelle schreiben und lesen
Unter Verwendung der Bücherwurm-Lauttabelle, können Kinder bereits sehr früh eigene Wörter, Sätze und Texte verschriften. Durch Abhören der Wörter und Zerlegen in einzelne Laute, das Auffinden passender Zeichen beim Schreiben und Ermitteln des Lautwerts noch unbekannter Zeichen beim Lesen, kann das Interesse für Schrift und ein Wissen um Schriftsprache gefördert werden.
Die überarbeitete Tabelle ist ein ergänzendes Angebot. Ob ihr vertieft mit der Tabelle arbeiten wollt, unterliegt eurem individuellen Schriftspracherwerbskonzept.
Strategien auf der Silbenebene:
Silben schwingen, Könige erkennen und Wörter betont lesen
Für die Arbeit an Silben werden vorrangig zweisilbige Wörter, die ein oftmals kaum oder gar nicht akustisch wahrnehmbares e in der zweiten Silbe enthalten, verwendet. Diese Wortstruktur ist für das Deutsche typisch.
Das Wissen um den Silbenaufbau hilft z. B. bei der Schreibung:
- von Vokalen – „Jede Silbe hat einen König“ – auch wenn dieser manchmal nicht hörbar ist. So schreiben wir beispielsweise Esel und nicht *Esl (Skelettschreibung)
- von Doppelkonsonanten (Son–ne)
- des silbentrennenden h (se-hen)
Silbeninternes und silbenübergreifendes Wissen hilft ebenso beim Lesen, da die Silbe eine kleinere, durch ihre Struktur geregelte Einheit darstellt. Somit kann durch Nutzung der Silbe die Leseflüssigkeit erhöht werden.
Die Silbenstruktur hilft auch bei der richtigen Betonung (Prosodie). So wird die erste Silbe bei zweisilbigen Wörtern betont. Es kann zudem einem Dehnlesen mit Verzerrung der einzelnen Laute entgegengewirkt werden, da der Lautwert über die Position des Buchstabens in der Silbe bestimmt werden kann (offene Silben enden auf einen Langvokal/bei geschlossenen Silben wird der Vokal durch den Konsonanten am Silbenendrand kurz artikuliert).
Silben werden zu Bildkarten geschwungen (Einführung der Silbenbögen, Angebot von Bewegungen zur Silbenstruktur) und die Position einzelner Zeichen im Wort erkannt.
Die Königsbuchstaben (Vokale) werden systematisch eingeführt und auf Extraseiten zusammengefasst. Zudem üben die Kinder, diese handlungsaktiv in Kurz- und Langvokal zu unterscheiden. Die Kinder werden auf das Reduktions-e in der zweiten Silbe aufmerksam gemacht.
Strategie auf der Morphemebene: Gleiche Teile im Wort erkennen
Alternativ zur Silbenstruktur können Wörter in Wortbausteine gegliedert werden. Diese helfen beim orthografischen Schreiben (z. B. Auslautverhärtung, Umlautung) und helfen dadurch, dass sie gleich oder sehr ähnlich erscheinen, beim flüssigen, sinnentnehmenden Lesen. Die Strukturierung von Wörtern in Bausteine wird durch die Arbeit an zusammengesetzten Substantiven (Komposita) ergänzt. Hierdurch können bereits längere Wörter planvoll gelesen werden.
Strategie auf Wort- und Satzebene:
Groß oder klein?
Diese orthografische Strategie besteht darin zu prüfen, ob Wörter einer der vorgestellten Kategorien (Mensch, Tier, Pflanze, Ding) zugerechnet werden können, artikelfähig sind bzw. ob sie am Satzanfang stehen. Durch Überprüfung eines Wortes anhand der Kriterien, können die Kinder selber herausfinden, ob ein Wort großgeschrieben wird. Diese rechtschriftliche Regelung dient ebenfalls dem flüssigen und sinnentnehmenden Lesen.
Neben den an der Orthografie ansetzenden Strategien gibt es 3 Lesetipps:
- Meine Lieblingsgeschichte: Anhand einer Geschichte werden exemplarisch Möglichkeiten der Textbegegnung und -erschließung aufgezeigt und erprobt.
- Betont lesen: Es werden Tipps gegeben, Sätze und insbesondere wörtliche Rede ausdrucksstark vorzulesen.
- Mit dem Lesepfeil lesen: Der Lesepfeil ist ein konkretes Hilfsmittel für die Kinder, der hilft, in der Zeile zu bleiben bzw. auf einzelne Wörter und Wortteile zu fokussieren.
Rechtschreibregeln helfen, die Struktur der Schriftsprache zu verstehen. Sie stellen Erklärungsversuche dar. Beim Schreiben führen sie allerdings oft in die Irre, da ebenso gelernt werden muss, wann eine Regel zutrifft. Explizites Wissen zu festigen steht im Anfangsunterricht noch nicht im Vordergrund, sondern vielmehr müssen den Kindern Handlungsanweisungen gegeben werden, die an ihrem Sprachgefühl ansetzen, dieses stärken und somit Handlungssicherheit aufbauen.
Mit den in der Fibel eingeführten Strategien steht einem aus didaktischer Sicht traditionell bewährten und gleichzeitig zeitgemäßen Deutschunterricht nichts mehr im Wege.
Wir wünschen viel Erfolg und vor allem Freude beim Entdecken und Anwenden der Strategien, die lesen und schreiben so einfach werden lassen.
Herzlichst Bernadette Girshausen
Mehr zum Bücherwurm bei Klett:
- Der Bücherwurm Lautrap zum Anhören, Downloaden und Mitrappen
- Bücherwurm Fibel bestellen
- Die Bücherwurm Fibel online durchblättern
2 Kommentare
Sehr geehrte Frau Girshausen,
bei der Recherche zum Bücherwurm bin ich auf zwei Varianten der Lauttabelle in Druckschrift gestoßen. Eine ist kürzer und die andere ist ausführlicher und enthält mehr Buchstabenverbindungen Was hat es damit auf sich? Ist die eine Lauttabelle die Schreibtabelle für die Kinder und das andere das Lautposter oder ist es mir als Lehrkraft überlassen eine der beiden für die Schreibversuche meiner SchülerInnen auszuwählen? Sind die Lauttabellen in der Fibel enthalten oder müssen diese getrennt erworben werden? Wie intensiv werden die Lauttabellen in den Materialien genutzt?
Vielen Dank für Ihre Antworten.
Mit freundlichen Grüßen
Linda Schöne
Liebe Frau Schöne,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Lauttabelle liegt dem Arbeitsheft Druckschrift kartoniert mit Vorder- und Rückseite (vereinfachte Version, vollständige Version) bei. In der Fibel haben wir uns entschieden, lediglich die vereinfachte Version der Lauttabelle abzubilden. Auf unserem digitalen Unterrichtsassistenten ist die Lauttabelle ebenso in vereinfachter und vollständiger Version sowie die passenden Lautplakate enthalten. Außerdem haben wir auf dem Digitalen Unterrichtsassistenten zu jeder Laut-Buchstabeneinführung auch einen Lautgebärdenfilm zu Differenzierung. Tatsächlich kann erst mit der vereinfachten Lauttabelle gearbeitet werden. Wir haben z.B. erst ng abgebildet und Sp sp und dann auf der vollständigen Tabelle ng und nk sowie Sp sp und St st (natürlich voneinander gut getrennt). So kann die Unterscheidbarkeit dieser Laute unterstützen werden, insbesondere bei Kindern, denen die akustische Unterscheidung schwer fällt. Die Lauttabelle wird auf S. 22 der Fibel eingeführt und kann ab dem Zeitpunkt kontinuierlich eingesetzt werden. Auch im Arbeitsheft Druckschrift sind Übungen zum Arbeiten mit der Lauttabelle enthalten. Gleichzeit ist der Lehrkraft natürlich freigestellt, wie intensiv sie die Kinder mit der Lauttabelle arbeiten lassen möchte.
Herzliche Grüße aus der Redaktion