22. Juli 2020
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Im Schulalltag stoßen wir alle auf Situationen, die uns an die eigenen Grenzen bringen. Das kann im Bereich des Unterrichts oder des Schullebens sein. Oder aber auch im Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen oder im Rahmen von Elterngesprächen. In solchen Situationen kann uns die Methode des Reframings helfen, eine professionelle Sichtweise auf die Themenstellung zu behalten. Ich möchte euch kurz nahebringen, was sich hinter dem Reframing verbirgt.


Was ist Reframing?

Das Reframing stammt aus der systemischen Familientherapie. Es meint, eine bestimmte Situation oder ein Ereignis in einen anderen Rahmen zu setzen. Ausgehend davon, dass dieses Ereignis oder die Situation immer nur bestimmte Ausschnitte eines großen Ganzen darstellen, sollen sie in einen anderen Zusammenhang gestellt werden. Man lernt also, die Situation aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Und dabei hilft die Methode des Reframings.

Lehrerin Klasse

Foto: Christian Günther, Leipzig


Reframing im Klassenraum

Eine Schülerin beklagt sich über die langweilige Aufgabe. Ihr ärgert euch darüber, denn eurer Meinung nach ist die Aufgabe nicht langweilig. Was also ist die Frage hinter der Aussage eurer Schülerin? Kann es sein, dass die Aufgabe sie unterfordert – und sie ggf. eine differenzierte Aufgabenstellung lieber bearbeiten würde? Fühlt sie sich gerade nicht gesehen und benötigt ein wenig persönlichen Zuspruch? Oder sie fühlt sich nicht beteiligt – dann gibt es ggf. Möglichkeiten, die Schülerinnen und Schüler partizipativ in die Unterrichts- und Aufgabenplanung aktiv einzubeziehen.

Oder aber es ist laut in Eurer Klasse. Wahrscheinlich ärgert Ihr Euch – müssen die Kinder immer so laut sein?

Vielleicht ist das ja nicht immer der Fall – sondern heute steht das Wochenende bevor oder ein besonderes Ereignis. Dann könntet ihr mit ihnen darüber sprechen.

Ein Klassiker ist auch das Hereinrufen im Unterricht! Es gibt doch klare Regeln. Was aber könnte das Kind motivieren, ständig reinzurufen? Ist es so beteiligt und steckt im Unterricht, dass es alle Regeln vergisst und einfach hereinruft? Oder aber es hat so gut gelernt – und möchte sein Wissen auf Biegen und Brechen einbringen? Oder möchte es die Bestätigung für das Gelernte oder für das Wissen haben?

Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten, Dinge, die im Klassenraum geschehen, aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.


Reframing bei Eltern und im Kollegium

Ihre Kollegin sträubt sich gegen neue Ideen – und zwar immer mit dem Argument, dass „es vorher ja auch funktionierte.“ – Ihr Kollege streitet sich ständig mit anderen Kollegen bzw. mit Kolleginnen? Wie könnten Sie die Situationen umdeuten? Beispielsweise so, dass Ihre Kollegin darauf schwört, einmal Bewährtes beizubehalten – und Beständigkeit ja auch ihren Wert hat. Oder so, dass Ihr Kollege hinter seiner Meinung steht und Konflikte nicht scheut.

Ein Elternteil greift Euch im Gespräch persönlich an? Natürlich ist es dann schwierig, professionelle Distanz zu wahren. Doch lohnt sich auch hier die Frage, welches Anliegen könnte hinter dem Verhalten des Elternteils noch stecken? Hat es selbst schlechte Erfahrungen mit der Schule gemacht – und überträgt diese Ängste auf sein Kind und Euch? Oder aber ein Elternteil verhält sich allzu fürsorglich? Wenn Ihr das in ein Reframing setzt, dann hat es einfach eine sehr gute Beziehung zu seinem Kind und möchte das Beste für dieses.

Lehrerin Klasse

Reframing in der Praxis

Reframing bedarf ein wenig Übung – und auch langen Atem. In herausfordernden Situationen, innezuhalten – und sich selbst dazu zu ermuntern, die Dinge einmal in einen anderen Rahmen zu setzen, sprich aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, ist an vielen Stellen im pädagogischen und kollegialen Alltag hilfreich. Gerade der zielgerichtete und positive Ansatz des Reframings hilft, Situationen umzudeuten und diese zu hinterfragen.

Ich nehme diese Situation zwar in dieser Weise wahr – aber was kann noch dahinter stecken?

Wo wendet Ihr das Reframing an – und in welchen Situationen empfindet Ihr es als besonders hilfreich?

Auf einen Austausch hierüber freue ich mich.

Eure Alexandra v. Plüskow-Kaminski.

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