16. März 2018
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Tagung an der Universität Oldenburg, 8.-9. März 2018

Mit mehr als 1000 aktiven Akteuren startete die wohl größte Messe Europas zum digitalen Lernen und Lehren in der Schule an der Universität Oldenburg: mobile.schule oder wie die Twitter-Fans wissen: #molol18.


Dicht gedrängt sitzen wir im wohl größten Hörsaal der Universität Oldenburg: Lehrer*innen, Medienpädagogen, Bildungsakteure, Vertreter der freien Wirtschaft, Politiker, … Die #molol18 besticht mit mehreren Keynotes und vielen Workshops zum Thema „Digitale Medien in Schule und Unterricht“ für jegliches Niveau. Einsteiger wie auch Fortgeschrittene fühlen sich abgeholt und aufgehoben.

Bereits im Zug verfolgte ich Gespräche:

„Na, da wollen wir mal sehen, was sich zum letzten Jahr verändert hat.“ und „Mist – mein Tablet hat kein Akku mehr.“

Doch #molol18 sorgt vor: Die mobilen Endgeräte dürfen an einer Ladestation aufgeladen werden – wenn sich noch Hiwis finden, die Zeit haben. Ich bin beeindruckt: Auch das Thema Nachhaltigkeit wird in diesem Jahr berücksichtigt. Die 5000 verbrauchten Plastikbecher im Vorjahr haben zum Umdenken angeregt. Für 1 Euro Pfand erhält der/die kaffeedurstige LehrerIn einen „ReCup“, der über die Tagung hinweg verwendet wird und an einer Abwaschstation zwischendurch gereinigt werden kann. Da geht der grüne Daumen hoch!

Tagung mobile.schule an Universität Oldenburg

Abbildung (by Lea Schulz): Universität Oldenburg


Keynotes – Digitale Kreidezeit?

Das digitale Klassenzimmer soll nach Meinung vieler Lehrkräfte schon lange das Kreidezeitalter abgelöst haben. Doch ein Blick in unsere Schulen zeigt: Der Weg vom Papier zum Tablet ist noch weit. Einer der Keynote-Sprecher, Axel Krommer, nimmt die Krise der digitalen Bildung auf die Schippe und stellt die Handygarage von Timetex (ein Plastikvorhang, in dem die Mobiltelefone während des Unterrichts verwahrt werden können, damit die Schüler*innen diese nicht nutzen) an den Pranger.

Ich erinnere mich dunkel an die Pult-Schubladen, gefüllt mit einkassierten Telefonen, die auf die Abholung durch die Eltern warten. Auch heute ist dies noch absolut aktuelle Praxis! Krommer nimmt die Standardargumente der Medienbildung in den Fokus: „Pädagogik kommt vor Technik“ und „auf den Mehrwert kommt es an“ und eröffnet einen Vergleich zum morgendlichen Brötchenholen:

Wenn ich jeden Tag die Brötchen mit meinem Fahrrad vom Bäcker hole und mir dann ein Hubschrauber geschenkt wird, würde ich doch auch nicht den gleichen Weg mit dem Hubschrauber zurücklegen. Stattdessen werden meine Ziele an dieser Stelle auch anders gesetzt!

Das öffnete mir nochmals die Augen: ja! Medienbildung ist nicht nur der alternative Einsatz eines Mediums zum Erreichen der herkömmlichen Zielsetzung, sondern eröffnet an vielen Stellen ganz neue Wege und kann auch die Zielsetzungen verändern. Der Hubschrauber erweiterte meinen Horizont: Ziele einen Schritt weiter denken – nicht nur alte Ziele mit neuen Methoden erreichen – durch eine „palliative Didaktik“, wie Axel Krommer es so schön nennt. Eine Didaktik die uralte Strukturen digital ummantelt (palliare = ummanteln).

Linktipp: Zeichnung von Andrea Reil, die die Keynote-Beiträge auf der Tagung mit Sketchnotes visualisierte

Graphic Recording auf der #molol18


Wo wir gerade dabei sind: Wisst ihr zwei Orte, an dem man noch eine VHS-Kassette abspielen kann? Ich schon! … genau! Und Axel Krommer sagt: „Der andere Ort ist das Technikmuseum.“ Gelächter schallt durch den Raum – eine heitere Stimmung auf der molol18.

Auch hier: Ein Mangel an Frauen. Sie sind bei den „One-Best-Thing“-Präsentationen, einem Vortragsformat von 180 Sekunden, bei dem „Best-Practise“-Beispiele in kürzester Zeit präsentiert werden, stark unterrepräsentiert.

Vergleiche zur politischen Diskussion erspare ich mir an dieser Stelle, da die Minivorträge unfassbar gewinnbringend waren:

  • eine Live-Präsentation, wie Fotos an der Wand mit dem I-Pad zum Sprechen gebracht werden können,
  • die Umsetzung einer Snapchat-Story mit SchülerInnen
  • oder der Einsatz einer Zufallsgenerator-App für den Fremdsprachenunterricht repräsentieren die digitalen Welten und Möglichkeiten an der Schule der Zukunft.

Messe – Neuheiten

Altes wie Neues gab es dagegen auf den Fluren zu entdecken. Eine Vielzahl an Firmen und Bildungsakteuren präsentierten ihr Angebot. Lehrkräfte informierten sich stellvertretend für ihre Schulen. Ich entdeckte viel Altbekanntes:

  • verschiedenste interaktive Tafeln,
  • schlaue Taschenrechner oder
  • Lernplattformen für Lehrkräfte und SchülerInnen, die den schulischen Alltag erneuern und digitalisieren sollen.

An dieser Stelle kam sicherlich der eine oder andere auf die Idee über den sogenannten „Mehrwert“ nachzudenken. Der Ernst Klett Verlag präsentierte sich dagegen eher klassisch, ein Büchertisch ließ die doch neuen und innovativen Apps vermissen, die sicherlich gerne einmal ausprobiert werden wollten.

Der Anteil an Komplett-Sorglos-Anbietern hat sich meines Erachtens deutlich erhöht. Dienstleister versprechen Schulen „einen Ansprechpartner“ für „alle technischen Lösungen“, „alles aus einer Hand“ und „kostengünstige Komplettangebote“ über Schulmöbel, digitale Endgeräte und Serverlösungen. Besonders praktisch, doch sicherlich liegt ist Wort „kostengünstig“ eine Frage der Perspektive.


Roboter und Coding

Spannend sind die Ideen im Bereich Roboter und Coding. Der Lego-Bausatz für Schulen, die Drohnen oder auch Calliope, ein Micro-Computer, der bereits von GrundschülerInnen mit Programmen bestückt werden kann und durch einen Lage- und Bewegungssensor, einen Kompass einem Bluetooth-Modul sowie 25 LEDs und vielem mehr einen spielerischen Zugang zur digitalen Welt eröffnet, sind Neuerungen, die andeuten, wie sich die digitalen Anbieter bereits auf Schule eingestellt haben.

Tagung mobile.schule: Coding-Apps

Abbildung (by Lea Schulz): Beispiele für Coding-Apps auf einem iPad


Meine „Three-best-Things“ aus den Workshops

Meine „Best-Things“ aus den Workshops sind vielfältig. Als Sonderpädagogin konnte ich mir natürlich auf keinen Fall den Workshop von Nils Lion entgehen lassen. Er hat in Kooperation mit einer Grundschule einige seiner SchülerInnen mit dem Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“ sowie einige SchülerInnen der Grundschule mitgebracht.

Den SchülerInnen wurde versprochen, dass sie uns Lehrkräften einmal erklären durften, wie sie die Dokumentation eines Versuchs aus dem Sachunterricht mit „Adobe Spark Video“ durchführen. Es wurden Fotos geschossen, Texte verfasst und eingesprochen und am Ende wurde präsentiert. Beeindruckend, wie intuitiv die SchülerInnen mit den iPads umgehen konnten! „Adobe Spark Video“ als Möglichkeit zur Dokumentation oder zur Visualisierung von Handlungspläne war sofort auf meiner Notizenseite vermerkt.

Tagung mobile.schule Notizen AdobeSparkVideo

Abbildung: Meine Notizen auf dem iPad – geschrieben mit dem Apple Pencil


„Müller trifft Schmidt“

Begeistert habe ich auch den @erklärbrüdern zugeschaut: „Müller trifft Schmidt“ erklärten zunächst, wie einfach es ist, ein schickes Erklärvideo über den Greenscreen selbst zu erstellen oder von den SchülerInnen erstellen zu lassen. Hier ist die App „Green Screen by DoInk“ eine große Hilfe und kostet im App-Store auch nur 3,49 Euro. Natürlich durften wir LehrerInnen sofort selbst ein Video drehen: über Reisen, Essen, Sport, Fußball oder FunFacts zu Tieren – alles was einem als Lehrerin als erstes in den Sinn kommt.

„Müller trifft Schmidt“ bei YouTube

Tagung mobile.schule Greenscreen

Abbildung: Green-Screen bei „MüllertrifftSchmidt“


Und nun noch ein Appell an die Wirtschaft: Das wollen wir in Deutschland auch! Die Stadtschule Travemünde hat Cubes aus England importiert, mit denen sie ihre iPads kabellos laden können. Die Kinder legen sie einfach in ein Regal, und fertig! Kein Kabelsalat mehr in Deutschlands Klassen! Doch leider ist die Wartung eine Katastrophe. Die Firma liefert nicht nach Deutschland, sobald etwas kaputt ist oder nachbestellt werden muss, muss sich leider eine Lehrkraft finden, die einmal über den Kanal fliegt. Schade!

Tagung mobile.schule kabeloses Ipad

Abbildung (by Lea Schulz): Kabellos aufladbares iPad der Stadtschule Travemünde


Fazit zur #molol18

Mit einem Koffer voller neuer Ideen für die LehrerInnenausbildung, für die Schule und für die Medienentwicklungsplanung in Schleswig-Holstein stehe ich nun an der Bushaltestelle zum Bahnhof. Bewaffnet mit meinem Handy-Ticket geht es auf den Weg in den hohen Norden.

Weit entfernt von der Realität; dem Kreidestaub vieler Schulen, der andauernden WLAN-Problematik, dem Mangel an Geräten, strotzt die Veranstaltung von guter Laune, Ideenschmiede, Vorbildern, Machern und einem guten Maß an Nachhaltigkeit.

Danke! Wir werden weitermachen und die digitale Bildung in unseren Schulen vorantreiben.

Im nächsten Jahr bin ich ganz sicher wieder dabei!

Danke!
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