21. Mai 2020
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Der Anfangsunterricht hat es in sich! Nicht erst nach der Lektüre der „Hinweise und Materialien für einen systematischen Rechtschreibunterricht in der Primarstufe in NRW – Handreichungen“ steht die Forderung nach Schriftorientierung von Anfang an im Raum. Aber wie gelingt der Einstieg in den Schriftspracherwerb, im Wechselspiel zwischen Entdeckungen an Modellwörtern und eigenem Schriftgebrauch, sicher und gleichzeitig motivierend? Wie gut, dass es dafür die Niko-Prüfkarte gibt: Ein Hilfsmittel für die Hand der Kinder, das individuelle Zugänge zum Schriftgebrauch zulässt, dabei aber von Anfang an Einsichten in normorientierte Schreibweisen fördert.

Niko Arbeitsheft Plus Auschnitt Seite 43

Niko Arbeitsheft Plus Auschnitt Seite 43


Silben und Könige im Fokus – Sprachanalyse von Anfang an

Im Anfangsunterricht ist die Einsicht in die Phonem-Graphem-Korrespondenz im Rahmen eines individuellen Schriftspracherwerbs erstes grundlegendes Vermittlungsziel. Dieser Prozess läuft nicht getrennt in Stufen ab, sondern ist von Rekursivität geprägt (vgl.: Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Hinweise und Materialien für einen systematischen

Rechtschreibunterricht in der Primarstufe in NRW – Handreichungen. 2. Auflage. Düsseldorf: 2019). Konsens ist, dass die Fähigkeit zur Segmentierung der Sprache in Laute und Silben („Phonologische Bewusstheit“) Voraussetzung ist für den Strategieerwerb des alphabetischen Prinzips und für das Erreichen dieser Stufe der Rechtschreibentwicklung.

Neu ist im Gegenzug die verstärkte Forderung, wie etwa in den Handreichungen zum systematischen Rechtschreibunterricht NRW, dass die Lernenden anhand von ausgewählten Modellwörtern Einsichten gewinnen sollen, welche Basisgrapheme (häufig genutzte Graphemzuordnungen) für welche Lautung häufig verwendet werden.

Es reicht nicht, Schülerinnen und Schüler anzuregen, ihr Gehör zu verfeinern oder deutlicher zu sprechen. Vielmehr ist es wichtig, richtig geschriebene Wörter genau zu betrachten, genau zu lesen und mit dem Gesprochenen zu vergleichen, um Erkenntnisse über unsere Orthografie zu gewinnen (Schriftorientierung).“
Quelle: Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Hinweise und Materialien für einen systematischen Rechtschreibunterricht in der Primarstufe in NRW – Handreichungen. 2. Auflage. Düsseldorf: 2019, S. 9

Bei Niko 1 findet ihr deshalb am Ende jedes Kapitels die bewährten Seiten zum Wörtertraining, die sich genau dies zur Aufgabe gemacht haben:

Rechtschriftliche Phänomene, von Niko und Hugo einführend erklärt, die anhand von Modellwörtern aus dem Grundwortschatz näher betrachtet und geübt werden. Von Beginn an sollen so Einsichten in normorientierte Schreibweisen gefördert werden.

Genau dieser Forderung entspricht die Arbeit mit der Prüfkarte. In dem Moment, in dem Kinder sich die alphabetische Strategie unserer Sprache zunutze machen und Wörter einer Lautanalyse unterziehen, verinnerlichen sie ein erstes rechtschriftliches Prinzip. Dabei lautet die wichtigste Erkenntnis: Es gibt Basisgrapheme, die besonders häufig (aber nicht immer) für die Verschriftlichung eines Lautes genutzt werden. Mit Hilfe der Prüfkarte kann der Prozess der buchstabengenauen Prüfung von Wörtern besonders gefördert werden.

Niko Arbeitsheft Plus Auschnitt Seite 44

Niko Arbeitsheft Plus Auschnitt Seite 44


Meine Prüfkarten-Highlights:

  • Der Fokus auf die Übereinstimmung „Anzahl Silben = Anzahl Silbenkönige“ fördert die Schriftsprachentwicklung vom „Globalen zum Differenzierten“
    Quelle: Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Hinweise und Materialien für einen systematischen Rechtschreibunterricht in der Primarstufe in NRW – Handreichungen. 2. Auflage. Düsseldorf: 2019, S. 65.
    Gegenüber zu Beginn häufig rudimentär verschriftlichten Wörtern („Skelettschreibung“: Tmt) wird der Fokus von Beginn an auf die Vollständigkeit aller Laute gelenkt. Insbesondere schwer zu identifizierende Laute (Schwa-Laute/Reduktionslaute) werden besonders in den Blick genommen. Sind sie im Wort nicht verschriftlicht, fällt es bei der Überprüfung mit der Prüfkarte direkt ins Auge (z.B. Himml oder Lebn).
  • Der Prüfprozess ist klar strukturiert.
  • Der Prüfprozess wird bewusst verlangsamt und damit genauer. Tipp: Zweifarbenstift verwenden!
  • Die Arbeit mit der Prüfkarte motiviert, macht Spaß und bietet Sicherheit!

So prüfe ich meine geschriebenen Wörter mit der Prüfkarte:

  1. 1. Wort schreiben/abschreiben, Silbenbögen zeichnen, Silbenkönige markieren, Prüfkarte neben das Wort legen
  2. Silben zählen und auf Prüfkarte eintragen
  3. Silbenkönige zählen und auf Prüfkarte eintragen
  4. Zahlen auf Prüfkarte vergleichen
Niko Prüfkarte im Arbeitsheft

Niko Prüfkarte Arbeitsblatt


Ein weiteres Plus: Die Silbe im Blick

Um von Beginn an Brücken zu schlagen zum orthographisch-silbischen Prinzip, ist es notwendig, die Sprachanalyse nicht isoliert von der Schriftanalyse zu betrachtet. Und dies bedeutet konkret, die Silbe von Beginn an zu betrachten.

Die Silbe stellt im Rahmen des alphabetischen Prinzips die wichtigste Segmentierungseinheit dar und muss als solche besonders im Fokus stehen.

Die Arbeit mit ihr ist insbesondere für die spätere Markierung der Vokallänge („lang/kurz“), z.B. durch Doppelkonsonanten oder Dehnungsmarkierungen wie das Dehnungs-h, von besonderer Bedeutung (Stichwort: Offene und geschlossene Silbe).  Je routinierter der Umgang mit Silben, desto einfacher die Einsicht in weitere Rechtschreibregeln.


Wie gehts weiter?

Phoneme und Grapheme stehen nicht in eindeutiger Korrelation zueinander, denn die deutsche Sprache ist keine reine Lautsprache. Von Beginn an muss die Einsicht des Kindes gefördert werden, dass es häufig genutzte Graphemzuordnungen (Basisgrapheme) und davon abweichende, seltener genutzte, aber gleich klingende Orthographeme gibt (vgl.: Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Hinweise und Materialien für einen systematischen Rechtschreibunterricht in der Primarstufe in NRW – Handreichungen. 2. Auflage. Düsseldorf: 2019).

Phoneme und Grapheme

Beispiel: „er“ am Wortende

In dem Moment, in dem ein Kind dies verinnerlicht hat, bewegt man sich nicht mehr nur im Bereich der Lautanalyse, sondern bezieht das orthographisch-silbische Prinzip und somit die Schriftanalyse mit ein.

Ein konkretes Beispiel stellt hier das folgende Phänomen dar:

Niko Arbeitsheft Plus Auschnitt Seite 86

Niko Arbeitsheft Plus Auschnitt Seite 86

Schriftgebrauch soll von Beginn an schriftorientiert geschehen und umgekehrt: Einsichten in normorientierte Schreibweisen beeinflussen Rechtschreibwissen, fördern flexibel anwendbare Strategien und korrespondieren somit wieder mit dem individuellen Schriftgebrauch.

Am Beispiel erklärt bedeutet dies, dass bei der Arbeit mit der Prüfkarte zum Phänomen „-er am Wortende“ Modellwörter und individuell bedeutsame Wörter betrachtet, geprüft und gesammelt werden müssen. Im Rahmen dieser Arbeit kann die Prüfkarte ritualisiert im Unterricht eingesetzt werden, denn:

Die Prüfkarte zeigt an, dass in der letzten Silbe ein Silbenkönig verschriftlicht werden muss. Der erste wichtige Schritt ist damit getan. Am Ende kommt es dann darauf an, zu differenzieren und Basisgrapheme zu festigen: Höre ich am Ende eines Wortes etwas Ähnliches wie „a“ schreibe ich meistens „er“.

  • Mutter: „-er“ am Wortende ist Basisgraphem.
  • Opa: „-a“ am Wortende ist Orthographem.

Damit bahne ich die nächste Stufe der Rechtschreibentwicklung an, nämlich die Erkenntnis, dass es weitere mögliche Grapheme für dieselbe Lautung gibt, wie es das orthographisch-silbische Prinzip beschreibt.


Die Prüfkarte – ein Fazit

Die Prüfkarte hilft dabei, den Schritt von rudimentären Verschriftlichungen hin zu vollständigen und korrekten Notationen zu vollziehen (Himmel statt Hmml). Im Anschluss können dann weitere Fehlerquellen der konkreten Artikulation („-a“ statt „-er“ am Wortende“), überflüssige Laute (Aeis statt Eis) und weniger häufig verwendete Orthographeme (Igel statt Iegel) (siehe Tabelle oben) verstärkt in den Blick genommen werden. Um dies zu erkennen und nachhaltige Erfahrungen zu machen, muss ich Modellwörter, die diesem Prinzip entsprechen, genau unter die Lupe bzw. „neben die Prüfkarte“ nehmen.

Niko Prüfkarte

Niko Prüfkarte an der Tafel


Arbeit mit Modellwörtern – weitere Praxistipps

Tipp: Nutzt die Prüfkärtchen von den Umschlagsklappen der Arbeitshefte. Diese müssen nur ausgeschnitten und können dann mehrmals mit Bleistiften oder abwischbaren Folienstiften beschrieben werden.

Niko Prüfkarte Arbeitsheft

Niko Prüfkarte Arbeitsheftseite

Natürlich eignen sie sich auch zum Laminieren. Modellwörter zum einem! Phänomen betrachten (siehe lila Wörtertrainingsseiten in jedem Kapitel), z.B. Schwa-Laut „-e“ oder weitere Reduktionsendungen wie „-en“, „-el“, „-er“:

  • Wort des Tages mit der Prüfkarte überprüfen (Tipp: Unten findet ihr eine kostenlose Vorlage der Prüfkarte für die Arbeit an der Tafel.),
  • Lernwörterkarten überprüfen lassen,
  • Kinder überprüfen gegenseitig selbst geschriebene Wörter mit der Prüfkarte,
  • Reduktionsendungen einkreisen lassen, Maler mit eingekreistem „er“, Silbenbögen und markierten Königen),
  • Wortkärtchen von den Umschlagsklappen nutzen: Übungswörter ins Heft schreiben, mit der Prüfkarte überprüfen, besonderes Phänomen einkreisen.
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