12. Mai 2021
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Überall in der pädagogischen Landschaft findet man Vorschläge für die Durchführung von Rechtschreibgesprächen – was aber muss man dabei bedenken, damit diese Gespräche den Kindern wirklich weiterhelfen? Im Autorinnenteam der ABC-Lernlandschaft haben wir (Prof. Erika Brinkmann, Nina Bode-Kirchhoff und Jennifer Reiske) hier für euch wichtige Hinweise und praktische Tipps zur Durchführung zusammengetragen.

Rechtschreibgespräche was hilft Kindern dabei?

Rechtschreibgespräche sind dann sinnvoll, wenn sie den Kindern Hilfen an die Hand geben, selbstständig zur möglichst richtigen Schreibung von (ungeübten) Wörtern zu kommen.

Die besondere Herausforderung: Unsere Rechtschreibung ist ein gewachsenes System, das vielen verschiedenen Prinzipien folgt, die sich zum Teil überlagern. (Weiter unten haben wir dies genauer erläutert.) Im Nachhinein kann man besondere Schreibungen leicht erklären – aber es lässt sich nie zu 100 % sicher voraussagen, wie ein Wort geschrieben werden muss, wenn man es noch nicht kennt!

Strategien und Faustregeln helfen aber, auch unbekannte Wörter weitgehend richtig schreiben zu können, also die Fehlerwahrscheinlichkeit gering zu halten. Diese Strategien und Faustregeln lernen die Kinder in den „Rechtschreiben“-Heften der ABC-Lernlandschaft kennen. Und mit dem Lernposter „Tipps zum Rechtschreiben“ haben sie diese im Klassenraum immer vor Augen. (Als Kopiervorlage gibt es zusätzlich das Faltheft „Strategien und Faustregeln“.)

Darüber nachzudenken, welche Strategien und Faustregeln beim Schreiben helfen könnten, macht nur Sinn, wenn das richtig geschriebene Wort noch NICHT in Schriftform sichtbar ist. So lässt sich das Wort gemeinsam – Schritt für Schritt – mit den passenden Begründungen entwickeln.

Die Frage, ob ein Wort ein „Mitsprechwort“ ist, führt in diesem Prozess nicht zum Ziel, weil ein Kind, das sich ein noch unbekanntes Wort durch Nachdenken erschließen will, gar nicht vorab wissen KANN, ob ein Wort irgendwelche Besonderheiten enthält oder nicht.

Poster Rechtschreibung ABC-Lernlandschaft

Poster Rechtschreibung, Klasse 1/2, ABC-Lernlandschaft


Wie könnt ihr ein Rechtschreibgespräch erfolgreich gestalten?

Konkret folgen die Rechtschreibgespräche einem einfachen Grundmuster:

  • Zwei- bis dreimal pro Woche wird den Kindern ein unbekanntes Wort diktiert und mit ihnen besprochen. Ausgewählt werden überwiegend Wörter mit Rechtschreibschwierigkeiten, die für die Kinder der konkreten Klasse eine Herausforderung darstellen und sie zum Nachdenken anregen.
  • Jedes Kind schreibt das Wort für sich auf „so gut es das kann“.
  • Möglicher Zwischenschritt: Austausch zwischen Partnerkindern und Verständigung auf einen Vorschlag und seine Begründung.
  • Im Plenum werden die Varianten und ihre Begründungen gemeinsam diskutiert und dabei wird das betreffende Wort in orthografisch korrekter Form gut sichtbar Schritt für Schritt an die Tafel geschrieben.
Tafelbild mit Schrift

In der ABC-Lernlandschaft bieten wir Symbolkarten zu den Faustregeln und Strategien an, die die Kinder unterstützen: Bei ihren Begründungen verweisen die Kinder (hilfsweise: die Lehrperson) auf diese Faustregel- und Strategiekärtchen und/oder auf das entsprechende Feld des Lernposters „Tipps zum Rechtschreiben“.

Symbolkarten ABC-Lernlandschaft

Symbolkarten zu Faustregeln und Strategien aus der ABC-Lernlandschaft

  • Hilfreich ist es auch, wenn die Kinder weitere Beispiele für die angesprochenen Strategien und/oder (Faust-)Regeln suchen.
  • Fehler sind dabei interessant („Wie bist du darauf gekommen, das so zu schreiben?“) und helfen bei der Klärung von Regeln.
  • Wird eine Ausnahmeschreibung genannt, können die Kinder das Wort bei der entsprechenden Gruppe im Heft „Merkwürdige Wörter“ eintragen (z. B. „Tee“ bei „Meer“, „See“ und „Teer“) oder in ihre Übungskartei übernehmen. Das DIN-A5-Heft „Merkwürdige Wörter“ gibt es als Beilage zum Arbeitsheft „Rechtschreiben 3/4“ gleich mit dazu.
  • Zum Schluss wird das Wort von jedem Kind in der korrekten Form neben oder unter seinen ersten Versuch geschrieben.

Als Variante können später auch ganze Sätze beim Rechtschreibgespräch thematisiert und so Rechtschreibregeln auf Satzebene wie Satzzeichen und Großschreibung am Satzanfang mit aufgenommen werden. Auch das Besprechen von Wortarten, Personalformen, Zeitformen und Satzbau kann in die Gespräche einfließen, um die Struktur unserer Sprache immer wieder in den Blick zu nehmen.


Was macht die Rechtschreibung so kniffelig?

Die richtige Schreibung eines Wortes zu erschließen, ist nicht immer so einfach, denn unsere Rechtschreibung ist ein gewachsenes System, das verschiedenen Prinzipien folgt, die sich manchmal auch überlagern. Diese Prinzipien stellen wir euch hier kurz vor:

Das grundlegende Prinzip unserer Rechtschreibung ist das Lautprinzip (oder phonologische Prinzip), bei dem sich die Schreibung an der gesprochenen Sprache orientiert.

Es wird aber überlagert durch

  • das Stammprinzip (oder etymologische Prinzip), das Wortverwandtschaften grafisch kennzeichnet (betrifft überwiegend die Umlaute und die Auslautverhärtung), z. B. Hand à Hände (früher: Hant/Hende);
  • das Analogieprinzip (oder historische Prinzip), bei dem die Wörter noch in ihrer historischen Sprechweise abgebildet werden, obwohl sich die Aussprache längst verändert hat, z. B. li-eb (früher zweisilbig gesprochen), heute einsilbig mit langem /i:/ gesprochen. Das wurde beibehalten und weitgehend auf die Schreibung anderer Wörter mit /i:/ übertragen (z. B. Biene). Nicht betroffen sind nur Wörter, die ursprünglich nicht aus der deutschen Sprache stammen, wie Igel, Tiger, Rosine, Maschine etc.;
  • das Homonymieprinzip (oder semantische Prinzip), das in einer Reihe von Fällen dafür sorgt, dass gleich klingende Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung nicht gleich geschrieben werden (z. B. Lied/Lid, Seite/Saite);
  • das ästhetische Prinzip (oder grafisch-formale Prinzip), das sich an der ästhetischen „Verträglichkeit“ von Buchstabenfolgen orientiert, z. B. keine Verdoppelung von „u“, „ck“ statt „kk“, „tz“ statt „zz“, „Ohr“ statt „Or“ und „Thron“ statt „Tron“;
  • das grammatische Prinzip: Es verdeutlicht grammatische Elemente durch Groß-, Getrennt- und Zusammenschreibung, sowie die Zeichensetzung.

Da diese Prinzipien nie konsequent greifen, sondern immer nur einen Teil der Wörter betreffen, sind sie auch nicht geeignet, als Entscheidungshilfe in Zweifelsfällen zu dienen. Es lassen sich mit diesen Prinzipien lediglich die spezifischen Schreibungen einzelner Wörter im Nachhinein erklären.

Erika Brinkmann, Nina-Bode-Kirchhoff und Jennifer Reiske


Symbolkarten zum Download:


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