19. Oktober 2020
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Kinder zum Lesen motivieren mit der richtigen Atmosphäre und den passenden Methoden

Lesepaziergänge

Als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal ein erstes Schuljahr bekommen sollte, war meine größte Angst, dass ich den Kindern das Lesen nicht richtig vermitteln würde. Einiges hatte ich zwar schon an der Uni und im Referendariat gehört und kennengelernt, aber die Dinge nun selbst in die Tat umsetzen zu müssen, bereitete mir schon einige Bauchschmerzen. Die Klasse, die ich zuvor unterrichtete, übernahm ich, als die Kinder schon mit dem Buchstabenlehrgang fertig waren und auch schon recht gut lesen konnten. Ich investierte einige Zeit, mich mit der Theorie und Praxisbeispielen erfahrener Kollegen und Kolleginnen auseinanderzusetzen und das Laminiergerät wurde zu meinem besten Freund. Vielleicht ging oder geht es euch ähnlich….

Für mich beginnt motivierendes Lesen mit der Klassenraumgestaltung. Eine schöne, gemütliche Leseecke mit Büchern, die zum Alter der Kinder und den Interessen passen, ist ein wertvoller Baustein in deiner Klasse. Ich finde es auch immer gut, wenn die Bücher in Kategorien sortiert sind und die Kinder von Anfang an darauf achten, dass die Bücher wieder an ihren Platz zurück sortiert werden. Bücher sind schließlich etwas wertvolles und sollten auch entsprechend behandelt werden.

Niko liegt auf einem Kissen und liest

Mit Lesefreunden oder Lesekumpeln macht man auch nichts falsch. Kinder lieben es, wenn sie ein Stofftier im Arm halten und ihm vorlesen können. Unsere Lesefreunde wohnen in einer Holzkiste und warten immer gespannt darauf, dass ihnen vorgelesen wird.

Für die Lesemotivation zu Hause nutze ich gerne Lesepässe. Hier kann man eine individuelle Zeit auswählen, die täglich gelesen werden soll. Immer, wenn gelesen wurde, unterschreiben die Eltern und die Kinder reflektieren mit Smileys, wie es geklappt hat.

Niko Lesepass

Haben die Kinder den Lesepass voll, bekommen sie eine Perle für die Leseraupe. Bei 10 gesammelten Perlen gibt es eine kleine Überraschung, wie zum Beispiel ein Lesezeichen.

Um den Kindern Impulse zu geben, was sie überhaupt lesen könnten, gibt es jeden Monat den Buchtipp des Monats. Hier stelle ich den Kindern Bücher vor, die zu einem bestimmten Thema aus dem Sachunterricht oder Kunst passen. Gerne nutze ich dazu auch Bücher aus unserer Stadtbücherei, wo man sich Bücherpakete zu dem gewählten Thema zusammenstellen lassen und ausleihen kann. Vielleicht geht das auch bei euch 😊

Für die Kinder ist es aber oft viel interessanter, wenn sie Tipps von anderen Kindern bekommen. Deswegen dürfen die Kinder ihre gelesenen Bücher den anderen mithilfe des Lesebaumes vorstellen.

Jedes Baumblatt wird mit einem kleinen Steckbrief zum Buch ausgefüllt und nach Vorstellung am Lesebaum befestigt. So können die Kinder sich immer wieder von ihren Klassenkameraden inspirieren lassen.


So weit die Organisation in der Klasse. Aber wie kann ich die Kinder nun motivieren?

Meine Klasse liebt seit der ersten Klasse Lesespaziergänge. Der Vorteil besteht darin, dass sie überall durchgeführt werden können und man prima differenzieren kann. Je nach Niveau kann man den Spaziergang auf Wortebene oder verschiedenen Stufen der Satzebene anbieten. So wird niemand über- oder unterfordert. Die Durchführung kann verschieden gestaltet werden.

Zwei Möglichkeiten möchte ich euch vorstellen:

Möglichkeit 1:

Die Kinder bewegen sich frei in einem bestimmten Bereich. In der Sporthalle kann auch ein Parcours dazu vorbereitet werden, der durchlaufen werden muss.

Jedes Kind bekommt einen Lesetext entsprechend seines Niveaus.

Stufe 1: Das Kind erliest alleine/ mit einem Partner die Wörter, sucht das Bild und notiert die passende Zahl dahinter.

Stufe 2: Wie 1, nur muss ein ganzer Satz erlesen werden

Stufe 3: Wie 2, aber der Satz ist länger.

Variation:

Die Kinder kreuzen an, ob das angegebene Wort/ der angegebene Satz richtig oder falsch ist.

Möglichkeit 2:

Der ausgewählte Text wird vergrößert kopiert (für mehrere Gruppen eignet es sich, unterschiedlich farbiges Papier zu verwenden und jede Gruppe ist eine Farbe) und in mehrere Teile zerschnitten. Die Teile werden an verschiedenen Stellen im Klassenraum oder Flur oder in der Sporthalle in beliebiger Reihenfolge aufgehangen. Die Gruppen lesen die unterschiedlichen Teile und versuchen den Text gemeinsam in die richtige Reihenfolge zu bringen, indem sie darüber sprechen. Die Textteile bleiben dabei hängen.

Anschließend kann den Kindern noch ein Arbeitsblatt mit Aufgaben zum Gelesenen gegeben werden, welches bearbeitet werden muss. Einfacher wird es, wenn die Kinder die Teile mitnehmen dürfen und die Geschichte dann bearbeiten.

Für Klasse 1, schwächere Schüler oder auch DaZ: einzelne Wörter werden aufgehangen und müssen zu einem Satz zusammengesetzt werden. Wer möchte, kann auch noch ein Lösungswort erfinden, welches herausgefunden werden muss.

Für diejenigen, die einen Lesespaziergang in Klasse 1 gerne testen wollen, steht ein Download unten zum Buchstaben Rr zur Verfügung.

Am Schluss der Stunde können die Kinder ihre gefundenen Lösungswörter präsentieren und/ oder sie können über das Gelingen bzw. eventuelle Probleme während des Lesespaziergangs reflektieren.

Viel Spaß beim Ausprobieren des Lesespaziergangs!‘

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