12. Dezember 2019
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Lust auf Lesungen auch ohne Autor?

In der kuschligen Adventszeit sind Lesungen im Klassenzimmer eine wunderbare Sache. Als Autorin von drei Lektüren werde ich oft zu Lesungen an verschiedene Grundschulen eingeladen. Natürlich kann ich nicht alle in meiner näheren und weiteren Umgebung besuchen. Da ich aber eine bei den Kinder sehr beliebte Form der Buchvorstellung entwickelt habe, möchte ich diese heute gern an alle Interessierten weitergeben.


Lesung mit Rollentausch

In meinen vorangegangenen Artikeln habe ich viel von der Magie des Rollentauschs beim Szenischen Spiel berichtet. Wenn Sie nun in die Rolle eines Autors schlüpfen möchten, braucht ihr nur zwei Stühle. Auf dem einen sitzt ihr selbst, der andere bleibt leer – oder es liegt das Buch für die Lesung darauf.

„Ich möchte euch heute ein Buch vorstellen von der Autorin Frau X (in diesem Fall von mir). Leider kann sie heute nicht wirklich bei uns sein, aber wir könnten uns ja vorstellen, dass ich jetzt Frau X bin!“

Dabei wechselt ihr auf den leeren Stuhl.

Vorstellen der beiden Hauptfiguren im ABC-Buch

„In diesem Buch – ABC-Spielereien“ spielen zwei Figuren eine wichtige Rolle: Nesel und Dölb!“

Ich schreibe die Namen an die Tafel und zeige mit einem Achselzucken, dass ich diese Namen für seltsam halte. „Eigentlich müsste der Dölb anders heißen, vielleicht kommt ihr nachher selber drauf!“

Aus dem Begleitmaterial zeige ich nun die beiden Fingerpuppen: den grünen Nesel, der mehr für Ordnung, Ehrlichkeit und Angepasstheit steht und den roten Dölb, der frech und cool und wild und eher „unbrav“ ist.

„Beide Kerlchen begleiten euch durch das ABC- Buch. Zu jedem Buchstaben schenken sie euch ein Mini-Gedicht und erzählen eine kleine Geschichte. Dabei entführen sie euch in unsere wundersame Welt und lassen euch blaue Wörter oder Schatzwörter oder Krachwörter entdecken. (Beispiele für diese Wörter lasse ich die Kinder selber finden, S.14/15) Mit den beiden könnt ihr lustige Sachen erleben, traurige, spannende und unglaubliche, ihr lernt neue Spiele kennen, könnt Rätsel lösen und allein oder mit Partnerin einen Text im Duo vortragen.

Dölb hat beim B = Brief folgendes Gedicht und Text für euch:

Beispiel zum Buchstaben B

Ein Brief

fällt aus den Wolken.

Hat er mir gegolten?

Ein Brief von wem?

Das werdet ihr gleich sehn!

Ein Brief von meinem OHR

 Hallo du!

Ich bin seit sieben Jahren dein Ohr.

Wasche mich,

damit du besser hörst!
Stecke mich in eine Mütze,

damit ich nicht friere!
Halte mich zu,

wenn jemand schimpft!
Und bloß kein Loch stechen

für so einen silbernen Ring!
Das tut weh!

Viele Grüße,

dein Ohr“

Lesungen im Klassenzimmer Brief aus den Wolken

So schreiben Kinder Briefe

Meist ist die Verblüffung groß, dass mein Ohr mir einen Brief schreiben kann. Aber den Kindern macht es kein Problem, den Rollentausch (bzw. Perspektivwechsel) selber auszuprobieren, Mia erzählt:

„Hallo, Mia,

 ich bin deine Hand!
Wasche mich, damit ich nicht mehr klebrig bin.

Stecke mich in einen Handschuh, damit ich nicht mehr friere!

Lass mich ausruhen, wenn ich so viel schreiben muss!

Viele Grüße,

deine Hand“

Oder

Hallo Luka,

ich bin dein Fuß.

Ich bin froh, dass ich gestern ein Tor für dich schießen konnte.

Ich würde mich über neue Fußballschuhe freuen.

Viele Grüße,

dein Fuß …

Lesungen im Klassenzimmer Abc-Spielereien

Noch mehr Anregungen

Beispiel zum Buchstaben C

Bei Chaos (Buchstabe C) wird erst das Wort geklärt. Gerne übersetzen es die Kinder mit „Saustall“!

Und dann wird viel gelacht beim Text, den jeder weiterspinnen kann:

Wenn der Bleistift

in der Butterdose steckt,

wenn der Schulranzen im Kühlschrank steht,

wenn das Waschpulver im Salzstreuer ist,

wenn das Handy

an der Wäscheleine trocknet…

Partnerlesen zum Buchstaben G

Bei G erzählt Nesel das Märchen vom „Kleinen Glück“ – es wird in zwei verteilten Rollen gelesen;

Beim SP schlägt Nesel ein Spiel vor, bei dem 100 Leute mitspielen können (oder auch nur alle Kinder der Klasse)!

Beim T  ist Buchstabentausch angesagt: zwischen f und k. Da gibt es Firschfuchen und einen Lökkel…

Bei U treffen sich Ungeheuer und Nicht-Geheuer…

Und  beim W sitzen auf der Wippe: Waschbär und Wollsocke, Wetterfrosch und Würstchen, Walnuss und Waffel – und wie kommen sie alle wieder runter? Das spielen die Kinder nach.

Und hier ein Beispiel zum Buchstaben E

Weiter geht es bei E übers „Echolesen“ und bei Ei zum Eissorten raten:

In Holland ist Himbeereiszeit.

In England ist Erdbeereiszeit.

In Schweden ist Schokoladeneiszeit.

In Polen ist P….

Bei Dölb geht es mit dem Ei um Mathematik:

Ein Huhn legt am Tag nur ein Ei…

Du willst einen Pfannkuchen mit vier Eiern backen.

Wie viele Tage musst du

auf deinen Pfannkuchen warten?

Lesungen im Klassenzimmer

Anregungen zum Unterricht für ein ganzes Jahr

In diesem Büchlein sind Anregungen für ein ganzes Jahr, meinte eine Kollegin zu mir. Mit dem Zusatzmaterial (28 Aktivbogen) können die Kinder nach der interaktiven Lesung entweder selber im ABC –Buch schmökern oder die Fingerpuppen Nesel und Dölb basteln oder ein Lesezeichen mit den beiden gestalten oder Chaos in einem Kinderzimmer zeichnen oder…

Natürlich lösen wir zum Schluss noch auf: Warum Dölb eigentlich anders heißen müsste?
Nesel = Lesen (rückwärts)

Dölb = Blöd – und das ist er ja nun wirklich nicht! Ha, ha!

Um nun wie bei einer echten Lesung die Autorin zu interviewen, kann man vorher mit der Klasse Fragen erarbeiten. Ein Beispiel findet ihr am Ende des Artikels.

Ihr würdet nun vom Stuhl der „Autorin“ zurück zu eurem Stuhl wandern und eine Interviewfrage vorlesen. „Wie lange, Frau Rinderle, haben Sie an diesem Buch geschrieben?“

Zur Antwort wandert ihr auf den Autorenstuhl und gebt dort die Antwort: “Bis es zum Druck fertig war, braucht es manchmal fast ein Jahr!…“


Beispiel des Autoren-Interviews

Interviewfragen, die mir von den Kindern gestellt wurden – und meine Antworten:

Schülerin: Wie kamen Sie auf die Idee, dieses Buch zu schreiben?

 Autorin: Ich mache mir ganz viele Gedanken, wie ich Kinder für das Lesen begeistern kann. Und da kam mir die Idee mit den zwei lustigen Figuren, die allerlei zu unserer bunten Welt zu sagen haben…

 S: Wie lange dauert es, so ein Buch zu schreiben?

 A: Bei diesem Buch ungefähr ein Vierteljahr.

 S: Wie schreiben Sie  es? Mit dem Computer oder anders?

 A: Zuerst schreibe ich alles mit der Hand auf einzelne Arbeitsseiten. Die kann ich besser korrigieren und umgestalten, wenn sie mir nicht gefallen. Und erst dann schreibe ich alles in den Computer.

 S: Haben Sie die Bilder auch gezeichnet?

 A: Leider nein. das kann ich nicht so gut. Ich fertige eine Skizze an, wie ich mir die Bilder und die Figuren vorstelle. Aber so wie es dann im Buch aussieht hat es eine Illustratorin gezeichnet.

S: Wie kommt das Buch zum Verlag?

A: Mit viel Ausdauer und Glück. Ich schicke es zuerst an viele verschiedene Verlage, und wenn ich Glück habe – wie mit diesem Buch – dann entscheidet sich ein Verlag, es zu drucken. Hier war es der Klett-Verlag!

 S: Haben Sie schon viele Bücher geschrieben?

 A: 3 Kinderbücher und viele Sach- und Lesebücher für Schulkinder.

 S: Machen Sie noch etwas anderes als Bücher schreiben?

 A: Selbstverständlich! Ich reise gern, besuche oft meine Enkel, die leider weit weg wohnen. Ich lese natürlich viel, mag gutes Essen und unternehme viel mit meiner Familie und Freunden.

 S: Welches ist ihr Lieblingsbuch?

 A: Es ist schwer ein einzelnes zu nennen. Aber ich lese gerne fantastische Geschichten so wie „Harry Potter“ oder auch die „verrückten“ Bücher von Shaun Tan

 S: Welchen Tipp geben Sie uns, auch etwas zu schreiben?

 A: Lege dir ein Heft an und schreibe jeden Tag EINEN Satz!. Du wirst staunen, was du für eine tolle Sammlung bekommst!

Ich wünsche euch viel Spaß mit den Lesungen im Klassenzimmer. Probiert es einfach einmal aus und schreibt bei Fragen in die Kommentare. In den folgenden Artikeln werde ich euch Ideen zu meinen Lektüren Das wilde Wartezimmer und Tizian geht durch die Wand vorstellen. Ihr dürft gespannt sein!

Herzlichst

Bettina Rinderle


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