20. Februar 2016
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Heute: ein Gastbeitrag von Susanne Taggruber, einer ehrenamtlichen Sprachpatin:

Gleichzeitig die deutsche Sprache und Lesen lernen – diese Riesenaufgabe müssen viele Flüchtlingskinder in sehr kurzer Zeit bewältigen. Ganz zu schweigen vom altersgemäßen Schulstoff, der ja auch noch dazukommt. Wie groß die Herausforderung ist, sehe ich jede Woche, wenn ich als ehrenamtliche Sprachpatin Kinder aus Syrien beim Lesen lernen unterstütze. Um das Üben interessanter zu machen, suchte ich anfangs nach Materialien, die vielseitig einsetzbar sind und einen spielerischen Lernanreiz bieten. Mir schwebte eine Art Memory vor, bei dem jeweils eine Buchstabenkarte und eine Bildkarte mit passendem Anlaut ein Paar bilden. Bei meiner Suche nach einer kostenlosen Vorlage stieß ich im Zebra-Fanclub auf die bezaubernden Anlautbilder der Zeichnerin Verena Ballhaus.

Ich bastelte mir daraus ein Paarspiel und fragte den Klett-Verlag, ob ich das Spiel anderen ehrenamtlichen Sprachpatinnen zur Verfügung stellen dürfte. Dabei regte ich an, das Bild für den Buchstaben „Ü“ auszutauschen. Der Grund: In der Regel verwenden Anlauttabellen für das „Ü“ das Verkehrszeichen „Überholverbot“. Leider sind Bild und Begriff jedoch für die meisten Flüchtlingskinder im Grundschulalter schwer verständlich.

Abgesehen davon finde ich Verbotsschilder prinzipiell eher unsympathisch. Viel besser, dachte ich, wäre der bei uns in Bayern bekannte Begriff „Ü-Klasse“ (für Übergangsklasse) oder das beliebte „Ü-Ei“ (für Überraschungsei). Beide Begriffe haben einen weiteren Vorteil: Sie sind kurz und damit für die Leseanfänger, die ja zugleich Deutschanfänger sind, leicht zu lesen. Der Klett-Verlag hat für das neue Paarspiel freundlicherweise beide Varianten zeichnen lassen.

Auch bei einigen anderen Buchstaben wie „X“ und „Y“ haben wir mit Blick auf die wenig entwickelten Deutschkenntnisse der Kinder zusätzlich zum Anlautwort noch eine einfachere Variante angeboten und sind dabei vom strengen Anlautprinzip, das sich ja auf Anfangsbuchstaben bezieht, abgewichen.

Ich freue mich sehr, dass der Klett-Verlag das neue Paarspiel nun professionell aufbereitet hat und es zum kostenlosen Download anbietet. Es umfasst neben den 26 Anlauten des lateinischen Alphabets auch das „ß“, Umlaute, Diphtonge und andere Buchstabenkombinationen mit phonetischen Besonderheiten (z.B. „ng“, „st“, „sch“).


So können Sie das Material einsetzen:

Vorbereitung: Drucken Sie die Word-Vorlage in Farbe auf etwas dickeres, nicht durchscheinendes Papier (90 oder 100g/m2) aus. Markieren Sie auf der Rückseite jeder Karte mit einem Punkt rechts unten, wie die Karte richtig herum liegt. Mit einem Laminiergerät oder transparenter Klebefolie können Sie die Kärtchen haltbar machen.

Zunächst müssen Ihre Sprachpatenkinder wissen, was auf den Bildern abgebildet ist. Sprechen Sie die Wörter deutlich aus und lassen Sie die Kinder den Anlautbuchstaben aufschreiben.

Um die Kinder mit dem Spielprinzip des Paare findens vertraut zu machen, lassen Sie sie aus den aufgedeckten Karten zunächst die passenden Buchstabe-Bild-Paare heraussuchen. Legen Sie nicht zu viele Karten auf einmal aus, um die Kinder nicht zu überfordern.

Für ein Paarspiel nach den Regeln des klassischen Memory-Spiels mischen Sie eine begrenzte Anzahl von Kartenpaaren (zum Beispiel nur die Vokale) und legen sie verdeckt aus. Wie beim Memory-Spiel, decken die Mitspieler abwechselnd immer zwei Karten auf. Dabei sprechen sie deutlich aus, was auf der Karte zu sehen ist. Wenn die Bildkarte zur Buchstabenkarte passt, darf der Spieler die beiden Karten an sich nehmen und erneut zwei Karten aufdecken. Wenn die beiden aufgedeckten Karten nicht zueinander passen, werden sie wieder umgedreht und der nächste Spieler ist an der Reihe. Es gewinnt derjenige, der die meisten Paare gesammelt hat.


Spielvariante:

Die Lehrkraft hält eine Buchstabenkarte hoch, die Kinder müssen möglichst schnell das passende Anlautbild aus den aufgedeckt auf dem Tisch verteilten Karten heraussuchen.


Spiel zur Erweiterung des Wortschatzes:

Ein Kind zieht eine Buchstabenkarte vom verdeckten Stapel. Jeder Mitspieler sagt nun möglichst viele Wörter, die mit diesem Buchstaben anfangen. In einem nächsten Schritt werden diese Wörter z.B. mit dem passenden Artikel aufgeschrieben.


Spiel, um das Bilden von Sätzen zu üben:

Die Bildkarten liegen verdeckt und gemischt auf dem Tisch. Abwechselnd ziehen die Mitspieler je eine Karte und bilden mündlich einen einfachen Satz mit dem Wort, z.B. „Die Katze frisst.“

Natürlich können Sie die Grafiken der Paarspiel-Vorlage auch zu einem Anlaut-Dominospiel weiterverarbeiten

Bemerkung: Ich bin keine ausgebildete Pädagogin und arbeite ehrenamtlich mit Flüchtlingskindern. Nach meiner Erfahrung sind die Voraussetzungen der Kinder sehr unterschiedlich, ebenso das in den Klassen eingesetzte Lernmaterial. Sprechen Sie am besten kurz mit der Lehrkraft über das Material, das Sie verwenden wollen. Wenn ein Lehrer Wert darauf legt, dass Buchstaben mit exakt den Anlautbildern geübt werden, die im Unterricht eingeführt worden sind, dann sollten Sie die Paarspiel-Vorlage entsprechend anpassen.

Neben dem Paarspiel setze ich bei Leseanfängern übrigens auch gerne Scrabble-Steine ein. Sie helfen dabei, neue Wörter Schritt für Schritt aufzubauen.

Wer sich in München für ein Ehrenamt als Lesepate oder -patin von Kindern in Übergangsklassen interessiert, kann sich an die Freiwilligen-Agentur Tatendrang (www.tatendrang.de) wenden, die im Rahmen des Projekts „Lesezeichen“ Freiwillige an Schulen im ganzen Stadtgebiet vermittelt. In anderen Städten kann vermutlich das Schulreferat Auskunft geben.

Herzliche Grüße
Susanne Taggruber

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