5. November 2020
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Viele kreative Ideen und Unterrichtsmöglichkeiten im Fernunterricht wurden von den Lehrkräften während der Schulschließungen ausprobiert und umgesetzt. Dennoch hat die Corona-Krise und das Lernen auf Distanz uns gezeigt, welche blinden Flecken die didaktische Planung von Unterricht und die Zielsetzungen für einige Schüler*innen noch hat. Sind Schüler*innen zu Hause auf sich alleine gestellt, müssen sie ausreichend Kompetenzen zum selbstständigen Lernen mitbringen oder auf Eltern mit viel Zeit, Geduld, Muße und Fachwissen treffen, die sie an die Hand nehmen und führen.

Dieser Unterschied allein trägt zu einer Bildungsbenachteiligung bei. Die Chance der Präsenzphasen kann nun genutzt werden unsere  Schüler*innen auf selbstreguliertes Lernen vorzubereiten.

Dazu gehören:

  • Planungswissen,
  • Selbstvertrauen,
  • Selbstständigkeit,
  • vielfältige Lernstrategien,
  • Selbstreflexion
  • sowie eine Fähigkeit mit anderen Menschen zu kommunizieren.

Besonders Schüler*innen ohne häusliche Unterstützung bedürfen auch einer Einführung in Unterrichtsmethodik und digitale Tools. Die Konsequenzen der Schwierigkeiten während der Schulschließungen kann aber dazu führen, dass in nicht allzu langer Zeit Ansätze für eine sogenannten Hybrid-Unterricht entstehen, der langfristig Präsenz- und Fernunterricht miteinander vereint.

Schon lange steht in der Wissenschaft fest: Hausaufgaben haben keine Wirkung. Keine Studie konnte bisher nachweisen, dass Hausaufgaben zu einem Lernerfolg innerhalb der Klassengemeinschaft beitragen. Selbstständige Lernphasen, die Teile des Hybrid-Unterrichts sein könnten, sind dagegen effektiv.

Im Folgenden werden folgende Aspekte des Hybrid-Unterrichts genauer unter die Lupe genommen:

  • Motivation
  • Technik
  • Kommunikation
  • Selbstreguliertes Lernen

Motivation

Grundlegend für eine guten Hybrid-Unterricht sind motivierte Schüler*innen. Die Form der Motivation sollte möglichst eine intrinsisch geprägte sein. Die lässt sich durch eine verlässliche Zeitstruktur, durch eine aufgebaute Beziehung zu den Lehrkräften und vor allem durch die Schaffung von Bedeutung für die Schüler*innen erreichen.

Die Inhalte des Unterrichts sollten so bedeutsam und interessant sein, sodass diese intrinsisch motiviert sind, zu arbeiten. Sich als Lehrkraft auf Reiz-Reaktions-Zusammenhänge zu stützen (die sogenannten „Gummibärchen-Methode“) hält nur für eine geringe Zeit an. Die Aufbereitung des Unterrichts sollte sich also an der Bedeutsamkeit, z.B. auch durch das Schaffen eines gemeinsamen (digitalen) Produkts und an der Lebenswelt der Schüler*innen orientieren.

Motivation

Technik

Selbstverständlich gehört zu einem guten Hybrid-Unterricht auch eine Ausstattung mit angemessener Technik. Das Sofortausstattungsprogramm des Bundes soll Schüler*innen ohne digitale Endgeräte unterstützen. Zudem wurden neben dem schon länger beschlossenem Digitalpakt von der KMK beschlossen, die Lehrkräfte mit Endgeräten auszustatten. Dennoch muss jede Schule im Einzelfall Entscheidungen treffen: Ein Endgerät trägt noch nicht zu einer häuslichen guten Internetverbindung bei oder zu der Fähigkeit, mit diesem umzugehen.

Besonders bildungsbenachteiligte Schüler*innen müssen in Geräte wie auch Tools vorab gut eingeführt werden. Außerdem ist es von Vorteil, wenn die Schule im Nachmittagsbereich Räume mit guter Ausstattung sowie einem Internetzugang zur Verfügung stellt, sodass die Schüler*innen ihre Aufgaben entweder im häuslichen Umfeld oder alternativ vor Ort erledigen können.

Technik

Einige Schulträger vergeben derzeit sogar Sim-Karten mit einem festgelegten Datenvolumen, die in den Endgeräten installiert werden. An vielen Schulen reichen die Leihgeräte für bedürftige Schüler*innen bei weitem nicht aus. Sie suchen unkonventionelle Methoden und sammeln Spenden oder erhalten von ortansässigen größeren Firmen die ausgemusterten Computer zur Verwendung. Langfristig sollte das durch die Länder abgedeckt werden können.

In Bezug auf die Software sollte möglichst ein Lern-Management-System zur Verfügung gestellt werden, das als zentrale Anlaufplattform von der Schule als auch von zu Hause aus täglich genutzt wird und eine verlässliche Struktur im hybriden Unterrichtsalltag bietet.


Kommunikation

Die Kommunikation ist ein wichtiger Eckpfeiler für hybride Unterrichtsformate. Alle Schüler*innen sollten die Möglichkeit haben von zu Hause aus auf Hilfen und Hilfestellungen zurückzugreifen. Dazu gehört z.B. auch eine Möglichkeit im Fernunterricht zu festgelegten Zeiten die Lehrkraft oder andere Schüler*innen erreichen zu können, die bei den Aufgaben helfen können. Vor allem der Austausch unter den Schüler*innen ist wichtig. Sie lernen sich gegenseitig bei ihren Lernprozessen zu unterstützen, sich selbst zu reflektieren und sich gegenseitig zu motivieren.

Grundschule digital

Selbstreguliertes Arbeiten

Sich einen Plan zu erstellen, Lerneinheiten in kleinere Teile aufteilen und für sich selbst verbindliche Zielsetzungen inklusive einer erreichbaren Zeitstruktur zu setzen, ist für viele Schüler*innen eine große Hürde. Eine durch die Lehrkraft gut vorstrukturierte digitale wie analoge Lernumgebung unterstützt die Schüler*innen dabei die Übersicht zu behalten. Hier sollten verlässlich Termine eingestellt werden, die sich nicht über viele Wochen erstrecken, sondern kleine Zeiträume belegen.

Es sollte zudem Zeiten geben, in der die Schüler*innen individuell über ihre Vorausplanungen mit ihrer Lehrkraft sprechen können. Diese gibt ihnen dann Tipps zur Verbesserung der Lernstruktur. Die Überarbeitungen des Lernplans sollten regelmäßig in den Unterrichtsentwürfen der Lehrkraft eingeplant werden. Planung benötigt Zeit. Zudem ist es notwendig die Planung von Lerninhalten stufenweise zu vollziehen. Ein Lerner kann bspw. schon gut die Lerninhalte für eine Einheit vorausplanen, während der andere noch viel mehr Hilfe und Struktur durch die Lehrkraft benötigt. Dem sollte zwingend Raum gegeben werden.

Grundschule digital

Als Unterstützung für das selbstständige Arbeiten hilft vor allem die Besprechungen eines „Hilfe-Systems“, indem die Schüler*innen Ideen bekommen, wie sie vorgehen können, wenn sie mit bestimmten Aufgabenstellungen nicht zurechtkommen.

Um zu einem guten hybriden Unterrichtsformat zu kommen, bedarf es schlussendlich auch einer intensiven Planung innerhalb der Schulentwicklungsebene. Diese lässt ebenfalls  außerhalb der Coronakrise „echte“ hybride Formate zu, die sowohl den Unterricht in Präsenz als auch in der Distanz in jeglicher Form mit digitalen Hilfsmitteln begleiten. Das rüstet uns nicht nur für weitere Krisen, sondern führt auch zu selbstständigen und selbstbewussten Schüler*innen aufgrund eines zeitgemäßen Unterrichts.

Ein Beispiel für ein Hilfe-System wäre:

  • Du liest die Aufgabenstellung nochmals.
  • Du suchst im Internet nach den Wörtern, die du nicht verstehst.
  • Du gehst auf unsere Lernplattform und schaust dir die Erklärvideos nochmals an, die dir helfen könnten.
  • Du schaust, wer Helfer der Aufgabe ist und stellst ihm Fragen dazu.
  • Du kontaktierst deine Lehrerin oder deinen Lehrer im Klassenchat, täglich 13 Uhr.
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