2. Mai 2020
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Die Entwicklung eines flüssigen und sinnentnehmenden Lesens ist elementar für Kinder in der Grundschule, darin sind sich die Stiftung Lesen und der Ernst Klett Verlag einig. Aus diesem Grund sind beide ständig auf der Suche nach erfolgversprechenden Ansätzen zur Förderung der Lesekompetenz. Hieraus entwickelte sich eine gemeinsame Initiative, die eine nicht neue, aber neu entdeckte Lesemethode wieder ans Licht brachte – das Tandem-Lesen.


Ein Interview mit Jonas Seekatz von der Stiftung Lesen

Herr Seekatz, wie lange ist Ihnen selbst die Methode des Tandem-Lesens schon ein Begriff? In welchem Zusammenhang sind Sie darauf gestoßen?

Ich bin in meinem Lehramtsstudium zum ersten Mal auf die Methode aufmerksam geworden. Als Nebenjob habe ich damals Deutschfördergruppen unterrichtet und war auf der Suche nach wirkungsvollen Verfahren, um die Leseflüssigkeit von Kindern zu verbessern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Im Referendariat habe ich das Tandem-Lesen dann in einer 5. Klasse ausprobiert. Die Methode funktioniert also auch in der Sekundarstufe.

Was macht diese Methode in Ihren Augen besonders?

Zunächst mal: Tandem-Lesen wirkt! Die Effektivität der Methode zur Förderung von Leseflüssigkeit ist wissenschaftlich gut belegt und in der Praxis erprobt. Darüber hinaus lässt sie sich unkompliziert im Unterricht implementieren. Die meisten Schülerinnen und Schüler haben Freude an Lautlese-Tandems, weil sie rasch eigene Fortschritte sehen. Das motiviert gerade schwächere Kinder, stärkt ihr Selbstbewusstsein und fördert die Lust am Lesen. Aber auch stärkere Leserinnen und Leser profitieren vom regelmäßigen Lesetraining.

Und so geht’s:

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Wie kam es zu der Kooperation mit dem Ernst Klett Verlag?

Wir stehen mit den Kolleginnen und Kollegen vom Ernst Klett Verlag in gutem fachlichen Austausch darüber, wie wir Lehrerinnen und Lehrer bestmöglich bei der schulischen Leseförderung unterstützen können. Während der Didacta 2019 in Köln kam es zu einem Gespräch über das Potenzial und die mangelnde Verbreitung von Lautleseverfahren. Wir haben dann beschlossen, unsere jeweilige Expertise zu bündeln, um das Tandem-Lesen gemeinsam in möglichst viele Klassenzimmer zu bringen.

Warum wollen Sie die Methode bekannt machen? Welchen Nutzen versprechen Sie sich davon?

Aus vielen Gesprächen mit Lehrkräften, Lesedidaktikerinnen und Lesedidaktikern habe ich mitgenommen, dass sich die Verbreitung und Verankerung von Lautleseverfahren an den Schulen noch verbessern lässt. Häufig werden Texte im Unterricht zum Beispiel noch immer reihum vorgelesen, was für das Einüben von Leseflüssigkeit eher hinderlich ist. Ein Grund dafür könnte sein, dass wirksame Methoden wie das Tandem-Lesen einfach noch nicht bekannt genug sind. Zusammen mit dem Ernst Klett Verlag möchten wir das ändern, damit möglichst viele Schülerinnen und Schüler die für den Leselernprozess so wichtige Leseflüssigkeit effektiv trainieren können.

Sie wollten vor allem Lehrerinnen und Lehrer auf die Methode aufmerksam machen. Wie sind Sie an diese Aufgabe herangegangen?

Über den Lehrerclub, die schulische Plattform der Stiftung Lesen, konnten wir bundesweit 10.000 Lektüren zum Tandem-Lesen an interessierte Lehrerinnen und Lehrer mit 2. oder 3. Klassen ausgegeben. Sie bekommen jeweils einen halben Klassensatz, also 15 Bücher, mit zwei Geschichten von den „wilden Schulzwergen“. Damit können sie das Tandem-Lesen einfach mal in ihrem Unterricht ausprobieren. Einige Tipps zur Umsetzung der Methode stellen wir ab Ende Mai unter www.derLehrerclub.de/tandem-lesen in einer kurzen Handreichung und einem Webinar vor.

Wie waren denn die Reaktionen auf die gemeinsame Aktion? Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

Die Nachfrage war riesig. Bereits wenige Stunden nach Öffnung des Anmeldeformulars war das gesamte Kontingent vergriffen – immerhin Lektüren für knapp 700 Klassen. Wir freuen uns sehr über die tolle Resonanz und die vielen positiven Rückmeldungen von Lehrerinnen und Lehrern. Derzeit überlegen wir, ob wir die Aktion nach den Sommerferien wiederholen und weitere Klassen ausstatten.

Bekommen Sie Rückmeldungen zum Einsatz der Tandem-Lektüre im Unterricht?

Viele Lehrerinnen und Lehrer haben uns geschrieben, dass sie sich über die Unterstützung bei der Umsetzung der Methode freuen und gespannt sind, wie das Tandem-Lesen mit ihren Klassen klappt. Angesichts der Corona-Epidemie können wir die Lektüren natürlich erst ausliefern, wenn die Grundschulen wieder regulär öffnen und die körperliche Nähe beim Tandem-Lesen verantwortbar ist. Wir sind aber zuversichtlich, dass die teilnehmenden Klassen die „wilden Schulzwerge“ bis zu den Sommerferien kennenlernen und sich im Lesen verbessern werden.

Was möchten Sie den Kolleginnen und Kollegen in Sachen Leseförderung noch mit auf den Weg geben?

Damit das Lesen auch in Zeiten von „Homeoffice“ und „Homeschooling“ nicht zu kurz kommt, stellt die Stiftung Lesen einen kostenlosen und stets aktuellen Service bereit. Wir möchten Kinder und Jugendliche mit Lesestoff versorgen und Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrer dabei unterstützen, ihre Kinder sinnvoll zu betreuen und bestmöglich zu fördern. Schauen Sie doch gerne mal vorbei: www.stiftunglesen.de.

Jonas Seekatz ist Projektmanager im Programmbereich Schule und Jugend der Stiftung Lesen. In unserem Blogbeitrag Tandem-Lesen mit den wilden Schulzwergen erfahren Sie mehr über die Methode und die dazu passende Lektüre.


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