12. Februar 2018
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Liebe Niko-Fans,

einen guten Einstieg in die Thematik „Andere Länder, andere Sprachen – viele Sprachen in unserer Klasse“ bietet das Niko-Poster 6 zum Sprachbuch-Kapitel „Bei uns und anderswo“, bei dem das übergeordnete Thema das Land China ist. Es geht um die Wohnsituation, den Verkehr, das Familienleben, die Unterschiede zwischen Stadt- und Landbevölkerung sowie beliebte chinesische Spiele und Schriftzeichen. Darüber hinaus werden die Schülerinnen und Schüler zum Sprachvergleich angeregt (vgl. SB S. 94). Somit bietet das Kapitel vielfältige Möglichkeiten, Kinder, die einen Migrationshintergrund aufweisen, mehrsprachig aufwachsen oder eine andere Muttersprache als Deutsch sprechen, einzubeziehen.

Auf diese Weise können Kinder zu Experten für ihre Muttersprache werden und ihren Mitschülern Wörter einer anderen Sprache beibringen. Damit erfahren Schülerinnen und Schüler, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, eine Wertschätzung ihrer Muttersprache, nehmen Mehrsprachigkeit als etwas Positives wahr und werden in ihrem Selbstwertgefühl gestärkt. Um die Inhalte angemessen vertiefen zu können und ausreichend Zeit dafür zu haben, bietet sich ein fächerverbindender Unterricht von Deutsch, Sachunterricht, Kunst und Musik an.


Mein Einstieg

Mit Beginn des neuen Kapitels sollten die Kinder als Wochenhausaufgabe folgende Fragen beantworten, die ich ihnen auf einem kleinen Arbeitsblatt mitgegeben habe:

  1. Welche Sprachen sprechen deine Eltern?
  2. Aus welchem Land kommen deine Eltern?
  3. Welche Sprache hast du als erstes von deinen Eltern gelernt?
  4. Welche Sprachen sprichst du jetzt?

Die Eltern habe ich vorab durch einen kurzen Elternbrief informiert, dass wir uns in den nächsten Wochen mit dem Thema China, aber auch mit anderen Ländern und Sprachen beschäftigen werden. Ich habe die Eltern gebeten, ihren Kindern Bilder und Bücher aus ihren Heimatländern mitzugeben und sie herzlich eingeladen, nach Absprache mit mir in die Klasse zu kommen und aus einem Kinderbuch in ihrer Muttersprache vorzulesen.


Meine Arbeit mit dem Poster

Am Montag habe ich das Poster 6 vor dem regulären Unterrichtsbeginn an die magnetische Tafel geheftet. Die Kinder kennen dieses Vorgehen schon und kleinere Gruppen verweilen in der Zeit des offenen Unterrichtsbeginns interessiert vor dem Poster. Zwei Jungs überlegen, was die Schriftzeichen auf dem Poster wohl bedeuten mögen.

Sie freuen sich, dass nun wieder ein neues Thema beginnt. In der Deutschstunde kommen die Kinder vor dem Poster im Theaterkreis zusammen. Nach einer kurzen „Murmelrunde“ mit dem Sitznachbarn gehen wir direkt zur Erarbeitung des Wortschatzes über.


Erarbeitung des Wortschatzes

Die Materialien habe ich, wie im didaktischen Kommentar (als Download am Ende des Artikels) zu Niko-Poster 6 beschrieben, vorbereitet. Die Kinder erhalten zunächst die Gelegenheit, sich entsprechend ihrer individuellen sprachlichen Fähigkeiten frei zum Poster zu äußern. Dann erfolgt die Erarbeitung des Wortschatzes analog zum Vorschlag im didaktischen Kommentar. Am Ende haben wir auf der linken Seite alle Nomenkärtchen KV 6.3 an die Tafel geheftet und durch eigene Nomen auf den Blankokarten ergänzt. Auf der rechten Seite stehen die Sätze zu den Tätigkeiten der Personen KV 6.1 a/b.

Die Satzkarten zu der Frage „Was siehst du noch auf dem Bild?“ KV 6.2 hefte ich diesmal nicht an die Tafel, denn im Unterrichtsgespräch haben die Kinder alle weiteren Bildelemente mündlich genau beschrieben. Dabei habe ich bei den Kindern auf das Bilden vollständiger, grammatikalisch korrekter Sätze geachtet, indem ich  Schüleräußerungen durch Wiederholung sprachlich korrigiert oder die Kinder direkt beim Bilden der Sätze unterstützt habe. Die verbliebenen Satzkarten halte ich als Differenzierung für die folgende Schreibaufgabe zurück.


Arbeit mit dem Sprachbuch: Sprachen vergleichen

Am kommenden Montag bitte ich die Kinder ihre Wochenhausaufgabe mit in den Kreis zu bringen. Wir sprechen über die Antworten der Kinder zu den Fragen 1 bis 4 und arbeiten heraus, was der Begriff „Muttersprache“ bedeutet. Wir sammeln an der Tafel die Muttersprachen in unserer Klasse und führen eine Strichliste. Auch die Sprachen, die die Eltern der Kinder sprechen, die aber nicht gleichzeitig die Muttersprachen der Kinder sind, führen wir auf.

Beispielsweise gibt es ein Mädchen in der Klasse, dessen Vater türkisch als Muttersprache hat und ihre Mutter spanisch. Das Kind spricht und versteht spanisch, weil die Mutter häufig mit der Oma in ihrer Anwesenheit spanisch spricht. Ansonsten wird aber zu Hause deutsch gesprochen.

Wir haben einen Jungen in der Klasse, dessen Vater in Nepal geboren wurde. Der Junge spricht nur Deutsch als Muttersprache, legt aber natürlich großen Wert darauf, dass wir nepalesisch an der Tafel notieren. Das finden die Kinder besonders interessant. Wir schauen auf dem Globus nach, wo Nepal liegt.

Am Ende staunen wir über die Sprachenvielfalt in unserer Klasse. Die Kinder bedauern, dass wir kein Kind mit chinesischer Muttersprache in unserer Klasse haben. Das würde jetzt ja gut zum Sprachbuch passen, finden sie. Ich verspreche ihnen, dass wir uns bald noch mit chinesischen Schriftzeichen beschäftigen werden. Das finden die Jungs besonders toll, weil in einer ihrer Lieblingsserien Ninjas die Hauptrolle spielen und diese auch chinesische Schriftzeichen auf ihrer Kleidung haben.

Nun schauen wir uns gemeinsam die Seite im Sprachbuch zu den Sprachvergleichen an (vgl. SB S. 94). Die Tabelle von Aufgabe 3 übertragen wir auf ein langes Plakat und ergänzen die Muttersprachen in unserer Klasse von der Tafel. Es kommen noch Spanisch, Arabisch, Russisch und Polnisch dazu. Im Anschluss diskutieren die Kinder, welche Wörter sie noch ergänzen wollen. Sie haben sehr viele Vorschläge, aber wir einigen uns auf: Schokolade, Ferien, Spielzeug, Computer, Fußball spielen, Fernsehen gucken, tschüss und natürlich Dinosaurier wie Niko, unser Klassentier. Ob es das Wort Dinosaurier wohl auch in allen Sprachen gibt?

In der nächsten Deutschstunde bilden wir acht Gruppen mit je drei bis vier Kindern. Die Gruppen bekommen von mir den Auftrag, als Sprachforscher ihr Wort, z. B. Schokolade, in die anderen Muttersprachen aus unserer Klasse zu übersetzen. Jede Gruppe legt dafür eine Tabelle auf einem Blatt oder in ihrem Heft an und soll darin die Übersetzungen zu ihrem Wort notieren. Wir stellen augenzwinkernd fest, dass Gruppen mit vielen Sprachexperten, also Kindern mit einer anderen Muttersprache, natürlich beim Forschen ein wenig im Vorteil sind.


Nun gehen wir in den Computerraum und die Sprachforscher beginnen mit der Arbeit. Wir rufen eine Internetseite mit einem Online-Wörterbuch auf. Dort schreiben die Kinder ihr Wort, z. B. Schokolade, auf Deutsch in das Eingabefeld und wählen nun die Sprache aus, in die es übersetzt werden soll. Besonders gut gefällt den Kindern, dass man sich die Wörter auch in der fremden Sprache vorsprechen lassen kann, wenn sie auf das Lautsprechersymbol klicken.

Dabei gibt es interessante Entdeckungen zu machen. Zum Beispiel haben Arabisch und Russisch völlig andere Schriftzeichen und doch wird Schokolade ähnlich wie im Deutschen und in den anderen Sprachen ausgesprochen. Die Kinder benötigen viel Zeit und strengen sich sehr an, um die fremden Schriftzeichen auf Arabisch und Russisch in ihre Tabelle abzumalen:

Gruppe 1 - Schokolade

Die Gruppe 1 hat zum Wort Schokolade geforscht. Die Kinder haben sich beim Schreiben abgewechselt.


Nachdem alle Gruppen ihre Sprachforschungen abgeschlossen haben, werden die Ergebnisse in die große Tabelle in der Klasse übertragen. Die Wörter auf Arabisch und Russisch habe ich den Kindern ausgedruckt und wir kleben sie in die entsprechenden Spalten. Nun tauschen wir uns über die Entdeckungen der Kinder aus.

Wir überlegen: Wo gibt es Ähnlichkeiten in der Schreibung? Wo gibt es Unterschiede? Welche Wörter klingen ähnlich wie im Deutschen? Welche Wörter klingen unterschiedlich?


Fächerübergreifender Unterricht

Im Musikunterricht lernen wir gemeinsam das Lied „Bruder Jakob“, das ursprünglich ein französisches Lied ist, in verschiedenen Sprachen:

Deutsch

Bruder Jakob, Bruder Jakob,

schläfst du noch? Schläfst du noch?

Hörst du nicht die Glocken?

Hörst du nicht die Glocken?

Ding, dang, dong! Ding, dang, dong!

Englisch

Are you sleeping, are you sleeping?

Brother John, brother John!

Morning bells are ringing.

Morning bells are ringing.

Din, don, din. Din, don, din.

Französisch

Frère Jacques, Frère Jacques,

dormez-vous? Dormez-vous?

Sonnez les matines,

sonnez les matines.

Ding, ding, dong. Ding, ding, dong.

Türkisch

Tembel çocuk, tembel çocuk,

Haydi kalk, haydi kalk!

Artik sabah oldu,

artik sabah oldu.

Gün doğdu, gün doğdu.


Da wir einen Jungen mit französischer Muttersprache in der Klasse haben, der das Lied schon von seiner Mutter gelernt hat, kann er uns leicht den französischen Text beibringen.

Den türkischen Text wollen wir in der nächsten Stunde lernen und ich bitte die Kinder mit türkischer Muttersprache, das Lied mit ihren Eltern zu singen und es uns morgen beizubringen. Auch die Kinder mit anderen Muttersprachen als Deutsch, Französisch, Englisch oder Türkisch sind aufgefordert, sich zu Hause zu erkundigen, ob es das Lied auch in ihrer Muttersprache gibt und es ggf. zu lernen. Wir sind gespannt!

Im Sachunterricht suchen wir die Flaggen passend zu den Muttersprachen oder Herkunftsländern der Kinder bzw. ihrer Eltern im Internet oder aus dem Kinderatlas heraus. Im Rahmen des Kunstunterrichts zeichnet jedes Kind „seine“ Flagge auf einem DIN-A6 Blatt ab oder malt bei „schwierigen“ Flaggen ein Ausmalbild aus. Beispielsweise zeichnen die Kinder in unserer Klasse, die aus Syrien stammen und Arabisch sprechen, die syrische Flagge. Wir schauen auf dem Globus und auf der Weltkarte nach, wo die Länder liegen und wie groß sie im Vergleich zu Deutschland sind. Wenn man möchte, könnten die Kinder z. B. noch die Einwohnerzahlen oder die Größe des Landes notieren, aber wir verzichten im 2. Schuljahr darauf und heben uns das für das 3. oder 4. Schuljahr auf.

Einige Kinder bringen Fotos aus dem Sommerurlaub im Heimatland der Eltern mit. Auch Bilderbücher haben Kinder in ihrer Muttersprache mitgebracht. Der Junge mit französischer Muttersprache kann uns sogar daraus vorlesen. Dafür bekommt er einen riesigen Applaus von uns! Französisch klingt schön, finden die Kinder.

Außerdem sprechen wir im Deutschunterricht im Sitzkreis über die Lieblingswörter der Kinder in ihrer Muttersprache. Kinder mit nicht deutscher Muttersprache bitten wir, uns das Lieblingswort beizubringen. Es ist manchmal gar nicht so einfach, es richtig nachzusprechen, aber die Kinder haben viel Spaß dabei und sind stolz, auch mal der Lehrer sein zu dürfen. Dabei notiere ich mir die Lieblingswörter der Kinder. In der nächsten Stunde bringe ich ihnen ihr Lieblingswort mit der deutschen Übersetzung als Ausdruck von zu Hause mit. Die Kinder können das Wort ausschneiden und unter ihre Flagge kleben oder es noch einmal abschreiben.

Nun kleben wir die Flaggen mit unseren Lieblingswörtern auf ein Plakat und stellen es draußen neben unserer Klassentür aus. Kunterbunt ist unser Plakat – das sieht toll aus!

Plakat Flaggen

Plakat mit sechs Flaggen und den Lieblingswörtern der Kinder

Nun bin ich gespannt, wie ihr mit dem Niko-Poster zu Kapitel 6 arbeitet. Ich würde mich sehr darüber freuen, von euren Erfahrungen zu hören. Schreibt mir doch mal!

Viel Erfolg mit unserem sprachsensiblen Poster-Material wünscht

Britta Seepe-Smit

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