6. Mai 2022
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Übungsstunde in der jahrgangsübergreifenden Wunderburgklasse einer kleinen Dorfschule. Die Kinder bekommen einen kurzen Übungstext aus dem aktuellen Lernwörtertraining diktiert. Anschließend arbeiten sie an den Lernwörterstationen eigenständig weiter. Mein Referendar unterstützt und ich schnappe mir sämtliche Übungstexte und korrigiere.

Alle Kinder haben Fortschritte gemacht. Ich bin stolz auf sie. Ein Wort brennt sich jedoch auf meiner inneren Netzhaut ein: „forgehen“. Die meisten Kinder haben es so geschrieben. Stur verbessere ich es. Unterstreiche das „f“, notiere am Rand ein Ausrufezeichen und ein umkreistes M. Ein Ausrufezeichen finde ich charmanter als ein „f“ für Fehler. Und das M steht für Merkwort.

Arbeiten von Lernenden korrigieren mit Rotstift

Lehrerin vor einer Tafel mit vielen Fragezeichen

Was mache ich hier eigentlich?!

Während ich das Heft für Heft hineinschreibe, merke ich selbst, dass ich gerade blinden Aktionismus betreibe. Sehe förmlich vor mir, dass die Kinder nur zur Kenntnis nehmen, dass sie da gerade ein Wort falsch geschrieben haben. Dass ich wohl offenkundig was zu meckern hatte. Lerneffekt? Überschaubar.


Plan B? Irgendwie noch nicht griffbereit

Ich schnappe mir mein Tablet, öffne "GoodNotes" (praktisch, der Bildschirm wird größtmöglich an der interaktiven Tafel projiziert) und schreibe einfach mal "vorgehen" darauf, ohne zu wissen, was ich damit machen werde. Aber wozu hat man Schülerinnen und Schüler? Die haben das mal schnell übernommen. "Ah, ich glaube, das habe ich im Diktat falsch geschrieben!", höre ich direkt. "Ach, wird das nicht mit ‚f’ geschrieben?!", kommt es hinterher.

  • Tipp: Wenn man die kostenpflichtige App "GoodNotes" nicht hat, kann man auch auf die bekannten Textverarbeitungsprogramme oder andere Notiz-Apps zurückgreifen bzw. das Wörternetz an die Tafel schreiben.

Und dann geht's auf einmal ganz schnell: Wir spinnen Wörternetze

"Ja, schaut mal. Das ist wie bei ‚VORkommen’ oder …", sage ich und werde direkt unterbrochen: "Oder wie bei ‚vorbei’, gell?", sagt eine Schülerin. Jetzt komme ich mit dem Mitschreiben nicht mehr nach. Sämtliche VORschläge der Kinder notiere ich auf meiner Folie. Ein Kind der 2. Klasse meldet sich und fragt schüchtern: "Geht auch ‚VORort‘?" Der Sitznachbar strahlt vor Freude: "Klar, die Feuerwehr ist VOR Ort!"

Illu Spinnen und Spinnennetze

Ich öffne den Mund und möchte erklären, aber die Kids sind nicht zu halten (ja, an den Gesprächsregeln arbeiten wir noch). Sie diskutieren und erklären. Holen ihre Wörterbücher heraus und finden immer mehr ‚VORwörter’. Ich fühle mich fast ein wenig überflüssig. Merke jedoch noch an, dass wir die Fundstücke noch nach Wortarten sortieren könnten. Wir markieren farbig.

"Frau Ruppert, da gehören ja aber Wörter zusammen. ‚Vorschlag’ und ‚vorschlagen’ zum Beispiel!" Stimmt. "Frau Ruppert, kannst du die Wörter vielleicht miteinander verbinden? Dass man merkt, dass die eine Familie sind?" Klar. Ich verbinde.

Dann male ich noch das "Wortbaustein-Symbol" dazu und merke selbst, dass den Kindern dieses Wörternetz mit diesem schönen Wortbausteine-Symbol viel mehr brachte, als meine Kritzeleien im Kinderheft. Das machen wir jetzt häufiger.


Vielleicht magt ihr auch die Wörternetze einsetzen? Ihr findet ein Arbeitsblatt zu Wörternetzen im Downloadbereich. Dann kann’s auch schon losgehen mit der kreativen Wörterspinnerei. Ich bin gespannt auf eure Erfahrungen.

Eure Susanne

Download

Wörternetze Kopiervorlage Abbildung
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