10. Juni 2019
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Basisschool = Grundschule?!

Zum Einstieg zunächst einige Fakten rund um die niederländische „Basisschool“, die sich von der deutschen Grundschule in einigen Punkten unterscheidet:

Der wichtigste Unterschied ist sicher die Dauer der Schulzeit. So werden die Kinder in den Niederlanden bereits mit vier Jahren eingeschult und bleiben bis zum 12. Lebensjahr auf der Basisschool – das heißt, die Grundschulzeit ist hier doppelt so lang wie in Deutschland.
Eltern können übrigens frei wählen, auf welche Schule sie ihr Kind schicken möchten, vollkommen unabhängig von der eigenen Wohnadresse.

Schüler und Schülerinnen in der Grundschule

Die meisten Schulen sind in der freien Trägerschaft von Stiftungen, Kirchen und Organisationen und werden staatlich finanziert. Bildung untersteht dem Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft, das Fächervorgaben macht und Lernziele landesweit verbindlich vorgibt, die durch einheitliche Tests überprüft werden. Dennoch sind die Schulen sehr frei, was die Ausgestaltung des Unterrichts, die Wahl der Methoden, die Anschaffung von Lehrmitteln, die Integration von Fächern und die Auswahl von Personal betrifft. Dadurch gibt es viele Möglichkeiten und viel Raum, eigene Ideen und Konzepte umzusetzen.

Auch in Bezug auf die Lehrkräfte sieht es etwas anders aus: Lehrerinnen und Lehrer werden in den Niederlanden nicht verbeamtet und können selbst wählen, an welcher Schule sie sich bewerben und unterrichten möchten. Unterrichtliche Praxis ist von Beginn an ein wichtiger Bestandteil der Lehrerausbildung.


Digitale Medien in niederländischen Schulen

Die Infrastruktur für digitales Lernen ist in den Niederlanden nahezu ideal. Die Schulen sind zum Großteil gut ausgestattet, Tablet und Laptop gehören schon in der Basisschool zum Alltag.

Doch Ausstattung ist natürlich nicht alles, wie nicht zuletzt das Scheitern der sogenannten Steve-Jobs-Schulen gezeigt hat. Mehr und mehr etabliert sich die Auffassung, dass für einen zielführenden Einsatz von digitalen Medien im Unterricht vier Dinge in Balance sein müssen: eine übergeordnete Vision, Fachwissen, digitale Lehrmittel und Infrastruktur.
Denn auch wenn digitale Medien im Unterricht schon lange flächendeckend eingesetzt werden und sowohl seitens der Lehrkräfte und Kinder als auch seitens der Eltern eine hohe Akzeptanz erfahren, erfolgt der Einsatz bislang noch nicht immer nach durchdachten Konzepten. Mitunter ist noch Vieles von der einzelnen Lehrkraft, ihren Kenntnissen und Fähigkeiten abhängig.

So zeigen aktuelle Untersuchungen, dass der Einsatz digitaler Medien im Unterricht zwar sehr verbreitet ist und weiter zunimmt, aber Lehrkräfte sie häufig basierend auf ihren eigenen Erfahrungen im Unterricht nutzen, und nicht primär auf der Kenntnis davon, mit welchen Technologien sich die eigenen Unterrichtsziele effizient umsetzen lassen.

Wichtiges Ziel für die Zukunft ist daher, Lehrkräften zu vermitteln, welche Anwendungen ihre didaktischen Ziele unterstützen, um digitale Medien noch professioneller und zielgerichteter nutzen zu können und so ihre positive Effekte zu vergrößern. Eine wichtige Institution, die Schulen und Lehrkräfte auf diesem Weg und in allen Fragen von Digitalisierung berät, ist die öffentliche Institution Kennisnet.

Ein großer Meilenstein ist die Verankerung digitaler Bildung im neuen Curriculum, das 2022 in Kraft tritt. Momentan arbeitet eine Expertengruppen aus Lehrkräften und Schulleitern unter Hochdruck daran. Die Ergebnisse jedes Entwicklungsschrittes werden veröffentlicht und diskutiert.

Bislang wurden acht große Bausteine herausgearbeitet:

  • Kommunizieren und Zusammenarbeiten
  • Digitale Bürgerschaft
  • Daten und Informationen
  • Nutzung und Steuerung
  • Entwerfen und Anwenden
  • Digitale Wirtschaft
  • Sicherheit und Datenschutz
  • Nachhaltigkeit und Lernen für die Zukunft

Nach dem Sommer werden Bildungsminister Arie Slob die Ergebnisse übermittelt. Anschließend werden aus den Bausteinen die Kernziele abgeleitet.

Doch nun bin ich wirklich gespannt, wie der Alltag in Sachen Digitalisierung in den Schulen aussieht. Daher wagen wir im nächsten Beitrag den Sprung von der Theorie in die Praxis und schauen uns an, wie an der Schule „Het Palet“ in Almere digitale Medien zum personalisierten Lernen genutzt werden.


  • Kennisnet (Hrsg.): Vier in balans-monitor 2017, abzurufen unter www.kennisnet.nl/publicaties/vier-in-balans-monitor
  • Heitnink, Maaike: Eliciting Teachers‘ and Students‘ Technological Competences – Assessing Technolgoical Skills in Practice, unv. Diss., University of Twente, 2018. Interview dazu: Digitale vaardigheden verbeteren? Dan moet je eerst kunnen meten, www.kennisnet.nl/artikel/digitale-vaardigheden-verbeteren-dan-moet-je-ze-eerst-kunnen-meten/
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