Montagmorgen in der Lesestunde. Die Kinder lesen den Text „Freunde fürs Leben“ aus dem Niko-Lesebuch. Ein Kind kämpft sich stockend durch die kurze Geschichte, verschluckt Wortendungen, dehnt einige Wörter wie beispielsweise Zopf und Kuss oder lässt einzelne Wörter aus. Am Ende überrascht es nicht, dass es diesem Kind schwerfällt, den Textzusammenhang zu erfassen und Fragen zu beantworten. Hier reicht eine schlichte kurze Lesetrainingsphase in stiller Einzelarbeit nicht mehr aus. Eine mögliche Methode, die Lesekompetenz auszubauen, ist das Partnerlesen. Dabei schaffen wir es im Team, die individuelle Lesegeläufigkeit zu trainieren. Wie das funktionieren kann? Lest selbst! 😉
Partnerlesen im neuen Niko – Warum?
Ein Blick auf die ersten Seiten der neuen Lesebuchausgaben zeigt uns, dass das Partnerlesen bei Niko an Bedeutung gewonnen hat. Warum?
Das Partnerlesen als eine mögliche Methode im Unterricht
Im Unterricht las ich den Kindern zum Einstieg einen Satz mit vielen Fehlern vor. Sie erkannten, dass manche Leseungenauigkeiten und Fehler das Textverstehen erschwerten. So hatte ich eine gute Überleitung zum Partnerlesen als Training für das genaue und flüssige Lesen.
Anhand der Ablaufübersicht, die ihr im Downloadbereich dieses Artikels finden könnt, habe ich den Kindern das Vorgehen beim Partnerlesen erklärt:
In der Literatur ist das Partnerlesen bekannt als Tandemlesen. Hier übernimmt das lesestärkere Kind die Rolle des Trainers und das leseschwächere die Rolle des Sportlers. Je nach Situation und Sozialgefüge in der Klasse lässt sich das Tandemlesen gut so durchführen. Wichtig ist dann eine Einführung, die den Kindern den Zusammenhang zwischen dem Lesetraining und dem Sporttraining sowie die Aufgaben von Trainer und Sportler verdeutlicht. Ich habe aber bewusst aus pädagogischen Gründen auf die betitelte Rollenverteilung verzichtet.
Auf den Kompetenzunterschied zwischen den beiden Partnern habe ich bei der Zusammensetzung der Teams allerdings nicht verzichtet. Das hat einen wichtigen Grund. Stellen wir uns zwei Kinder vor, die im Bereich des Lesens ungefähr auf der gleichen Stufe stehen. Beide lesen zeitweise noch stockend, dehnen oft Vokale und verändern Wortendungen.
Wenn diese beiden einen Text mit dem Wort Zopf lesen und dieses dehnen, so werden sie sich wahrscheinlich erst einmal nicht korrigieren. Lesen sie aber mit einem etwas lesestärkeren Kind, so werden sie beim gemeinsamen halblauten Lesen mitgezogen und können sich verbessern, sodass das Wort Zopf durch das richtige Aussprechen eine Bedeutung bekommt. Ein Kompetenzunterschied zwischen den beiden Partnern sollte folglich zwar da sein, aber überschaubar groß.
Man könnte den Eindruck bekommen, dass das lesestärkere Kind nicht viel aus dem Partnerlesen mitnimmt, aber dem ist nicht so. Es muss sich auf das Lesetempo des anderen einlassen und seinen Sichtwortschatz nutzen, um Leseungenauigkeiten schnell zu erkennen. Die Lesegeläufigkeit wird gestärkt.
Möglichkeiten der Teambildung
Nach der Einführung der Methode müssen die Partnergruppen gebildet werden.
Wie kann man die Teams so zusammenstellen, dass sich das stärkere Kind nicht langweilt und das leseschwächere Kind nicht das Gefühl bekommt, viel weniger zu können?
Reflexion
Das Lesen im Team eröffnet eine Möglichkeit zum halblauten Lesen, bei der jeder gefragt und gefordert ist. Aus meiner eigenen unterrichtlichen Erfahrung kann ich sagen, dass eine gute Einführung der Methode zwar Zeit kostet, aber dazu führt, dass die Arbeit in überlegt zusammengestellten Teams danach sehr routiniert abläuft. In der Literatur wird empfohlen, das Lesen im Tandem mindestens dreimal pro Woche für jeweils ungefähr 15 bis 20 Minuten durchzuführen. Das schaffe ich oft im Unterrichtsalltag nicht. Zweimal in der Woche klappt es aber meist schon, insbesondere, weil ich das routinierte Arbeiten im Tandem auch in den anderen Fächern nutze. So lasse ich die Kinder beispielsweise auch im Sachunterricht immer wieder in ihrem Tandemteam zusammenkommen, um gemeinsam einen Sachtext zu erlesen. Dies führt dazu, dass sich die Kinder eher über unbekannte Begriffe austauschen, diese erklären, gezielt nachfragen und sich durch das mehrfache Lesen das Wortbild und damit auch Fachbegriffe einprägen.
Ausblick
Das Partnerlesen ist sicherlich kein Allheilmittel für alle Leseschwierigkeiten und Hürden im Leseprozess. Es bietet aber eine Möglichkeit, die Entwicklung der Kinder hin zu einer Lesekompetenz effektiv zu unterstützen.
Wenn das Training der Lesegeläufigkeit ritualisiert immer wieder Raum im Leseunterricht findet, ist der nächste Schritt die Arbeit mit Lesestrategien, die den Weg zum komplexen Textverstehen begleiten können.
Wie Text-Vor-Entlastung und Lesestrategien in der neuen Niko-Auflage ihren Platz finden, könnt ihr in meinem nächsten Blogartikel erfahren.
Jetzt wünsche ich euch erst einmal viel Erfolg bei der Teambildung und dem ersten Partnerlesen!