Ein neuer Test ergänzt das Diagnostikportal von Klett: der Potsdamer Lesetest. Mittels dieses Tests könnt ihr den Lernstand eurer Klasse oder auch einzelner Schüler im Lesen – schnell und durch eine Online-Auswertung unterstützt – bestimmen. Folgende Merkmale zeichnen ihn aus:
- Durchführung: einfach
- Online-Auswertung: unkompliziert
- Darstellung und Interpretation der Testergebnisse: Klare Darstellung und verständliche Zuordnung zu Niveaustufen
- Lesedidaktische Relevanz: Hilfe bei Entscheidungen über spezifische Fördermaßnahmen
Die Durchführung des Tests sollte in den letzten drei Monaten des Schuljahres stattfinden, aber in der jetzigen Situation ist der Test gut geeignet, um durch die Pandemie verursachte, eventuelle Lernrückstände oder Lernlücken im Lesen festzustellen.
Was leistet der Potsdamer Lesetest (PLT)?
Theresa liest mit Begeisterung ganze Bücher, Ben kämpft sich durch kurze Geschichten und Maria scheitert oft noch an langen Wörtern: Vor allem in den ersten Jahrgängen der Grundschule ist die Streubreite in der Lesekompetenz zwischen den Kindern einer Klasse enorm groß. Um individuelle Lernangebote machen zu können, müssen Lehrkräfte den jeweiligen Lernstand ihrer Schülerinnen und Schüler differenziert beurteilen. Dies ist keine einfache Aufgabe; sie ist deutlich schwieriger als in den Lernbereichen Rechtschreiben oder Mathematik, in denen Schriftliches fortlaufend erhoben wird und analysiert werden kann.
Der Potsdamer Lesetest PLT, konzipiert von den Autorinnen C. D. Schnitzler & G. Scheerer-Neumann, unterstützt euch bei der schwierigen Aufgabe, den Lernstand eurer Schülerinnen und Schüler im Lesen einzuschätzen, besondere Probleme zu erkennen und davon, wenn nötig, Fördermaßnahmen abzuleiten. Der PLT kann als Klassen- oder als Einzeltest gut innerhalb einer Schulstunde durchgeführt werden Die Testaufgaben liegen in vier klassenspezifischen Testheften für das 1. bis 4. Schuljahr vor (PLT 1, PLT2, PLT3, PLT4).
Konzeption und Aufbau des PLT:
Leseverstehen (LV), Worterkennen (WE) und die Vertiefende Diagnostik
Das Ziel des Lesenlernens ist das sinnverstehende Lesen – die eigene innere Rekonstruktion der Aussage/n des Gelesenen. Dies ist eine hochkomplexe Leistung, die eine Reihe weiterer Kompetenzen einbezieht. Neben der Kenntnis der Sprache, in der ein Text verfasst wurde, ist die wichtigste Komponente die Fähigkeit zur Entschlüsselung der zu lesenden Wörter, d. h. das Dekodieren oder basale Lesen, früher auch als „Lesetechnik“ bezeichnet – mit den Aspekten Genauigkeit und Geschwindigkeit.
Der Potsdamer Lesetest besteht deshalb aus zwei Untertests: Der Untertest zum Leseverstehen (LV) wird ergänzt durch den Untertest zum Worterkennen (WE). Deuten die Ergebnisse auf Leseschwierigkeiten hin, können die Probleme über Aufgaben und Beobachtungen im Rahmen der Vertiefenden Diagnostik des PLT genauer analysiert werden.
Die Testaufgaben im PLT
Die Aufgabe im Untertest Worterkennen (WE)
Die Aufgabe im Untertest Worterkennen (WE) ermittelt die Geschwindigkeit und die Genauigkeit beim Lesen und Verstehen einzelner Wörter: Unverbundene Wörter, die in der normalen Leserichtung angeordnet sind, müssen gelesen und danach kategorisiert werden, ob sie ein Tier oder ein anderes Objekt bezeichnen. Angekreuzt werden sollen jeweils nur die Tierwörter.
Übungsbeispiele zum Untertest Worterkennen (WE) aus dem PLT1 und dem PLT2
Nach gemeinsamen Übungsdurchgängen haben die Schülerinnen und Schüler 1 Minute (im 1. Schuljahr 1,5 Minuten) Zeit, um in einer Vorlage – mit je nach Klassenstufe 89-102 Wörtern – die Tierwörter anzukreuzen. In die Auswertung gehen die Anzahl der richtig angekreuzten Tierwörter ein sowie die Fehler, also die falsch angekreuzten Wörter und die Auslassungen, d.h. fälschlich nicht angekreuzte Tierwörter.
Die Aufgabe im Untertest Leseverstehen (LV)
Für den Untertest Leseverstehen (LV) wurde ein Aufgabenformat gewählt, das als „Maze-Prozedur“ bezeichnet wird: Innerhalb der Sätze eines Textes stehen in ausgewählten Textlücken jeweils drei Wörter als Alternativen zur Wahl (multiple choice). Das jeweils passende Wort soll von den Schülerinnen und Schülern eingekreist werden:
Zweiter Übungssatz aus dem Untertest Leseverstehen (LV) aus dem PLT1 und dem PLT2
Wie im Beispiel muss die Wahl häufig aufgrund der semantischen Stimmigkeit des Auswahlwortes mit dem Satz – oder auch dem Text – getroffen werden; daneben gibt es auch Textlücken, die eine grammatisch fundierte Entscheidung verlangen. In die Leistungsbewertung gehen die korrekten Antworten ein, ebenso die Fehler, d.h. die falsch eingekreisten Alternativen.
Die Online-Auswertung im Diagnostikportal
Die Auswertung der Testergebnisse erfolgt online im Klett-Diagnostikportal. Je nachdem, ob ihr einzelne Schülerinnen und Schüler oder die gesamte Klasse testen möchtet, legt ihr diese zuerst in der Schüler- oder Klassenverwaltung an. Aus Gründen des Datenschutzes werden im Portal nur Kennungen für die Kinder gespeichert, keine Namen.
Nun erstellt ihr einen Einzel- oder Klassentest und übertragt nach Eingabe des Codes, der sich auf der Rückseite jedes Testheftes befindet, für jedes getestete Kind die im jeweiligen Testheft eingetragenen Kreuze (WE) bzw. Einkreisungen (LV) in entsprechende Onlineformulare. Eure Eingaben könnt ihr innerhalb des zehntägigen Gültigkeitszeitraumes des jeweiligen Codes jederzeit ändern. Nach Eingabe der Ergebnisse könnt ihr eine detaillierte statistische Auswertung abrufen und als PDF ausdrucken.
Ausgabe und Interpretation der Testergebnisse
Die individuellen Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler werden als Prozentrang und als T-Wert in Bezug auf bundesweite jahrgangsspezifische Normen ausgegeben, die jeweils innerhalb der letzten drei Monate eines Schuljahrs erhoben wurden. Die Ergebnisse werden tabellarisch und grafisch dargestellt. Die Ergebnisse zu den beiden Untertests werden getrennt berechnet.
Unabhängig davon, ob der Test als Einzeltest oder im Klassenverband durchgeführt wurde, erhält man für jede Schülerin und jeden Schüler eine Einzelauswertung. Hat man (fast) die ganze Klasse getestet und ist die Anzahl der Getesteten gleich oder größer 10 Kinder, erfolgt zudem eine Einordnung der Ergebnisse der einzelnen Schülerinnen und Schüler bezogen auf den Leistungsstand der Klasse. Weiterhin wird eine Übersicht über die Testergebnisse aller Schülerinnen und Schüler der Klasse ausgegeben – eine ausgezeichnete Grundlage für die Planung allgemeiner und differenzierter lesedidaktischer Maßnahmen.
Wichtig ist, dass ihr euch zu Beginn entscheidet zwischen dem Einzel- und dem Klassentest, da einzeln getestete Schülerinnen und Schüler einem Klassentest nicht im Nachhinein hinzugefügt werden können.
Über den (normbezogenen) Prozentrang werden die Leseleistungen der Schülerinnen und Schüler – getrennt für Worterkennen und Leseverstehen – jeweils einer Niveaustufe zugeordnet: Natürlich ist es pädagogisch und didaktisch besonders wichtig, die Schülerinnen und Schüler zu ermitteln, die eine Leseförderung benötigen. Ebenso relevant sind aber „entwarnende“ Ergebnisse bei Schülerinnen und Schülern, die sich vielleicht nicht viel zutrauen und deshalb nur zögerlich vorlesen. Kinder der oberen Leistungsgruppen sollten in Zukunft mehr „Lesefutter“ erhalten.
Neben dem Testwert ist besonders auch der Fehlerquotient von Interesse: Ist er deutlich erhöht, sollten unbedingt Verfahren aus der Vertiefenden Diagnostik des Potsdamer Lesetests durchgeführt werden, die Leseprobleme differenziert analysieren. Dies gilt auch bei sehr niedrigen Testwerten ohne auffällige Fehlerquotienten sowie bei großen Leistungsdifferenzen zwischen den beiden Untertests und für Schülerinnen und Schüler, die möglichweise Sprachprobleme haben.
Alles zum Test und zu den Materialien könnt ihr auf der offiziellen PLT-Seite nachlesen. Mein nächster Blog-Beitrag wird sich mit den Verfahren des PLT zur vertiefenden Diagnostik bei Leseproblemen befassen, von deren Ergebnissen differenzierte Fördermaßnahmen abgeleitet werden können.
Na, neugierig geworden?
Herzlichst
Gerheid Scheerer-Neumann
2 Kommentare
Sehr geehrte Frau Scheerer-Neuman,
Meine Frage: Habe ich da etwas übersehen?
Der erste Untertest Worterkennen (WE) erfolgt zeitgebunden (90 bzw. 60 Sekunden). Für den zweiten Untertest Leseverstehen (LV) werden zwar ungefähr 10 Minuten veranschlagt, ich habe aber kein Zeitlimit gefunden. In einer ersten Anwendung schnitt eine Schülerin im WE unterdurchschnittlich ab, die Interpretation verwies auf „besondere Schwierigkeiten im Bereich des Worterkennes“. Für den LV benötigte sie 40 statt 10 Minuten. Trotzdem kam sie laut Interpretation ihrer Werte zu einer „deutlich überdurchschnittlichen Leistung im Bereich des Leseverstehens.“ Die Auswertung geht daher weiter davon aus: „Die Testergebnisse erfordern derzeit keine zusätzliche Leseförderung.“ Natürlich unterscheiden sich beide Untertests signifikant wegen des Fehlens der Speedkomponente im Untertest LV. Alltagstaugliches Lesen muss doch immer auch in Abhängigkeit einer angemessenen Zeit betrachtet werden. Die Schülerin benötigt sicherlich ein gut aufgebautes Leseflüssigkeitstraining. Vielleicht habe ich die Zeitrbegrenzung für den LV nicht gefunden?
Viele GRüße
Hildegard Eich
Sehr geehrte Frau Eich,
danke für Ihre Anfrage! Ja, Sie haben tatsächlich übersehen, dass als Bearbeitungszeit für den Untertest Leseverstehen (LV) des PLT 10 Minuten verbindlich vorgegeben sind. Die entsprechende Instruktion finden Sie in beiden Hinweisheften zum PLT (1/2 und 3/4) unter 2.3.3., jeweils auf den Seiten 19: „(Nach 10 Minuten sagen Sie:) Stopp! Legt die Stifte weg…“ Auch die Schüler und Schülerinnen werden innerhalb der Instruktion über die Zeitbegrenzung informiert.
Ich vermute, dass Sie Ihre Schülerin einzeln getestet haben. Wenn der Verdacht besteht, dass eine Schülerin bei gutem Leseverständnis primär Probleme in der Lesegeschwindigkeit hat, kann man im Einzelfall natürlich die Bearbeitungszeit verlängern, dann sollte man aber erfassen, wie weit das Kind innerhalb der ersten 10 Minuten gekommen ist. Denn nur über diesen Wert kann man die Leistung klassenstufenbezogen vergleichen.
Falls Sie noch weitere Fragen haben, stehe ich gerne zur Verfügung!
Mit freundlichen Grüßen,
Gerheid Scheerer-Neumann